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The Revenant

Echtes Bisonfleisch

Rohe Bildgewalt, Einstellungen wie Gemälde und ein grimmiger Leonardo Di Caprio: Alejandro Gonzalez Iñárritu´s neuster Wurf ist enorm gut. Ob das Di Caprio für den langersehnten Oscar reicht, ist jedoch zu bezweifeln. Von Moritz Marthaler

Vom „Birdman“-Groove ist nicht mehr viel übrig. Leichtfüssig tänzelte die Kamera im letzten Film von Altmeister Iñárritu noch den Protagonisten hinterher, die Kameraführung des Grosserfolgs war nicht nur bei den Academy Awards in aller Munde. Jetzt, bei Iñárritu neuestem Streich „The Revenant“, ist sie zwar mindestens genau so gut, doch die Gangart ist hektischer, ist härter geworden.

Hugh Glass ist zwar ein Halbblut, aber was er in den 156 Minuten im eisigen Nordamerika alles erlebt, ist zur Gänze hart. Bei den Dreharbeiten in Patagonien, dessen Name „Tierra de fuego“ (Feuerland) angesichts der Temperaturen wie ein Hohn daherkommt, gingen sowohl Darsteller als auch Macher an ihre Grenzen. Iñárritu soll sich im Verlauf des Drehs von mehreren Kameramännern getrennt haben, weil ständig draussen, im Schnitt bei minus 25 Grad, gedreht  und kaum einmal  im warmen Studio mit Effekten nachgeholfen wurde. Vegetarier Di Caprio biss derweil nicht nur in echtes Bisonfleisch, sondern sass pro Tag auch bis zu fünf Stunden in der Maske: Sein wilder Bart, zusammen mit den im Film immer zahlreicher werdenden Verletzungen, bedurfte intensiver Pflege.

Auf der Leinwand trifft Di Caprio auf einen mindestens ebenso grimmigen Tom Hardy, der mit seiner beeindruckenden Doppelrolle bei „Legends“ eigentlich fast die besseren Chancen auf einen Oscar besitzt. Bestimmt, Di Caprio überzeugt in „The Revenant“, er interpretiert den schweigsamen, mehr Laute als Worte herauspressenden Trapper brillant, aber er war auch schon besser. Sollte es mit der goldenen Trophäe diesmal tatsächlich etwas werden, wäre das – wie so oft bei Oscar-Verleihungen – vor allem ein politischer Entscheid, für den in der Vergangenheit oft aussen vor gelassenen Di Caprio.

Oscar hin oder her: Iñárritu hat einmal mehr Grosses vollbracht. Die Bilder alleine stellen jede Naturdoku in den Schatten, jede Einstellung ist ein Gemälde, und alleine die fiebrig gedrehte Schlachtszene im Wald zu Beginn ist das Eintrittsgeld wert. Hingehen!

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ab sofort im Kino

Di 12.01. 2016