Zurück

Sozi meets Kultur #4: «Ich will MusikerIn werden!»

Traumberuf Künstlerin oder Künstler: Die Realität sieht doch anders aus. Unsere Kolumnistin Stephanie Beutler macht sich in der vierten Ausgabe ihrer Kolumne Gedanken, wieso manche Berufskarrieren einen höheren Stellenwert bei Eltern haben, als eben kreative Jobs. Von Stephanie Beutler

Aufsatzthema: «Was ist Mut?». «Das ist Mut», beantwortete ein Schüler die Frage und gab sein Blatt mit diesem einen Satz ab. Es war bestimmt nicht die Art von Auseinandersetzung mit dem Thema, welche sich der oder die Lehrerin dabei erhofft hatte, jedoch zweifellos auf den Punkt gebracht. Kreativ und, eben, mutig! Die Kreativität mit der Kinder die ihnen gestellten Aufgaben im Leben bewältigen, ist ungebunden und ungezwungen. 

Um so wichtiger ist es, diese Gabe bei unseren Lieblingen immer wieder zu fördern und ihr den nötigen und den ihr zustehenden Raum zu gewähren. Kreative Berufe haben nach wie vor einen schlechteren Stellenwert als jene, welche in offensichtlicher Weise gewinn- oder leistungsorientiert sind. «Ich will MusikerIn werden!», wohl für viele Eltern immer noch ein Horrorsatz, oder zumindest wüssten sie damit nicht all zu viel anzufangen oder sie würden ihn sogar belächeln. Nur, wieso eigentlich? 

Zum Glück gibt es aber auch Orte, an denen unseren Kleinen die Würdigung der Kreativberufe vermittelt wird. Der Verein bee-flat im PROGR führt regelmäßig Konzerte für Familien und Schulklassen durch. Die Kinder dürfen die Konzerte hautnah und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten miterleben. Das Highlight jedes Besuches ist jeweils die anschließende Fragerunde, bei der die Kinder ihrer Neugier gegenüber dem Beruf des Musikers freien Lauf lassen dürfen. Auch hier ist den Kindern in ihrer Kreativität keine Grenze gesetzt. Die Wortmeldungen reichen von einer pragmatischen Neugier, mit Fragen wie «Wie alt bist du?» bis hin zu tiefgründigen Überlegungen wie «Wie wäre es für dich, wenn du keine Musik mehr machen könntest?».

Die Auseinandersetzung mit dem Musikerberuf findet über das ganze Spektrum statt und nicht selten lassen sich Schüler sogar zu einer eigenen kleinen Performance bewegen, welche dann auch mit tosendem Applaus der anderen Schüler gewürdigt wird. Genau so tosend und übermütig verlassen die Kinder meist mit einem berauschten Gefühl die Konzerte wieder.

Ich frage mich, wann der Moment kommt, an dem aus diesen Kindern die desillusionierten Erwachsenen werden, die für einen Künstler nur noch ein müdes Lächeln übrig haben? Vielleicht wären wir manchmal gut beraten, wenn wir ein bisschen mehr Mut dafür aufbringen könnten solche Träume, ja vielleicht sogar die eigenen Träume, etwas ernster zu nehmen und dem Beruf des Künstlers etwas mehr Wertschätzung und Anerkennung  zuzugestehen. Vielleicht bedeutet DAS heutzutage mutig zu sein.


Nächste Familien- und Schulkonzerte im bee-flat im Progr
Evelinn Trouble | 29. Januar 2019
Orchestre Tout Puissant Marcel Duchamp XXL | 17. Februar 2019
Thandi Ntuli Art Ensemble | 3. März 2019
Fabrice Koffy | 25. März 2019
Julie Campiche Quartet | 5. Mai 2019
Le Bal Perdu | 6. Mai 2019

Infos

Stephanie Beutler studiert Soziokulturelle Animation, arbeitet im Lehrerzimmer Bern und ist Mutter. Als Kulturinteressierte und ehemals unter anderem im Gaskessel engagierte Akteurin gewährt sie dem Bewegungsmelder monatlich einen raschen Einblick in ihre Alltagsnotizen, die sie aus der Sicht der Animatorin wie auch als Stadtbewohnerin zusammenkritzelt. Für ihre neue Kolumne «Sozi meets Kultur» beschäftigt sich die Kolumnistin mit Kultur- und urbanen Themen und wendet diese sogleich auf eine aktuelle Veranstaltung an.

So 20.01. 2019