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Schauplatz Bern #4: Sommer und echte Emotionen

Nach dem Liga-Saisonstart wird hierzulande endlich wieder Fussball gespielt. Und da auch noch Sommer ist, präsentiert sich der Sonntag als Tag, den man gerne im Freien verbringt. Am besten mit guten Leuten und passender Musik an einem unglaublich idyllischen Ort, gleich jenseits der Stadtgrenze. Von Kilian Ochsner

Endlich ist es wieder soweit: Die Sommerpause der Super-League ist vorbei und es wird wieder Fussball gespielt, bei dem man mit echten Emotionen und nicht lauwarmem Interesse mitfiebert. Für beinahe unendliche Glücksgefühle sorgten die Berner Young Boys bekanntlich bereits letzten Mittwoch, als sie den haushohen, ukrainischen Favoriten Schachtar Donezk aus der Qualifikation der Champions-League warfen, darüber konnte man ja in den üblichen Lokalmedien ausführlich lesen. Die heimische Liga hat eine ganz eigene Anziehungskraft, was das ausverkaufte Wankdorf am letzten Samstag aufs Neue bewies.

Aber der Reihe nach: Nachdem ich samstags mit ’nem Kumpel, der gerade am Wochenende in meiner Bleibe gastierte, ausführlich gebruncht hatte (übrigens die wichtigste Mahlzeit an jedem Wochenende), trafen wir uns mit ein paar anderen Jungs und Mädels des Fanclubs im wunderbaren Barbière am Breitschplatz. Dieses Etablissement ist ja auch sonst ganz schön, doch an Spieltagen gibt’s für Fanboys und -girls das im Hause gebraute HoppYBoys-Bier, ein wunderbar hopfiges Pale Ale mit einem zudem ganz nett klingenden Namen. Es hat in unseren Kreisen schon fast Tradition vor den Samstagsspielen, ein paar dieser Bierchen zu verköstigen, bevor es in Richtung Wankdorf ans Match geht. Da das Spiel bereits um 17:45 angepfiffen wurde und das Stadion, wie bereits erwähnt, ausverkauft war, gingen wir schon relativ früh los, um das Spektakel von unseren angestammten Plätzen aus beobachten zu können. Alles über das Spiel konnte man in der lokalen Presse lesen und, da ich kein Sportjournalist bin, gehe ich hier nicht weiter auf Details ein. Nur soviel: YB bezwang den FC Thun mit vier zu eins, was unserem allgemeinen Wohlbefinden doch recht gut tat.

Glücklich, etwas betrunken und sehr hungrig machten wir uns auf die Suche nach einem gemütlichen Restaurant im Breitenrain, was, wie wir feststellen mussten, an einem Samstag, nach einem ausverkauften Heimspiel, gar nicht so einfach ist; im Restaurant Lokal etwa hatten sie keinen Platz mehr für uns. Die Enttäuschung war nur von kurzer Dauer, denn im Restaurant Mont Liban beim Spitalacker gab’s doch noch was zu Essen für uns. Da ich ein grosser Freund der Küche des östlichen Mittelmeeres bin und auch sehr gerne eine Million kleine Häppchen bestelle, um diese mit der ganzen Runde zu teilen, waren wir in diesem grossartigen Restaurant an der richtigen Adresse. Wir gönnten uns Mezza für sechs Personen und trauten unseren Augen kaum, als der Tisch mit allerlei Köstlichkeiten in unzähligen Schalen vollgestellt wurde und uns der Kellner darauf hinwies, dass es sich nur um die Vorspeise handelte. Beim Hauptgang wiederholte sich das Schauspiel noch mal und wir waren alle froh, dass wir auf das Dessert verzichtet hatten. Nachdem wir uns so richtig überfressen hatten, ging unsere Gruppe getrennte Wege; einige gingen nach Hause, andere an die Eröffnungssause des Neustadt-Labs und meine Wenigkeit gönnte sich noch ein dunkles, süsses Bier im Biercafe au Trappiste, der besten Adresse, mit der besten Bedienung, für das beste Bier in der Stadt.

Wie ich bereits in früheren Kolumnen erwähnte, weigere ich mich öfters mein Wochenende bereits nach Samstagnacht für beendet zu erklären, besonders im Sommer. Zum Glück hatte Bern auch diesen Sonntag eine Perle für mich parat: Musik im Park bei der Bar Campo im Liebefeld-Pärkli (und Nein: Das Liebefeld-Quartier ist nicht weit weg und mit Velo oder Bus sehr schnell erreichbar). An diesem schönen Sommerabend spielte Singtalent Abu reichlich Material von seinem aktuellen Album „RESET“. Vor diesem Konzert hatte ich diese Lieder nur mit der ganzen Band vorgetragen erlebt, jedoch noch nicht zu zweit, was an diesem idyllischen Ort perfekt funktionierte. Meine Begleitung und ich machten es uns auf dem Rasen auf einer Decke mit leckeren Bruschetti, scharfem Ginger Beer und hausgemachtem Holunderblütensirup bequem, um während der Dämmerung die lieblichen Klänge von Abu zu geniessen. Gute Musik, gute Freunde, gute Verpflegung und ein herrliches Ambiente rundeten dieses Wochenende perfekt ab und bewiesen ein weiteres Mal, dass der Sonntag ein grossartiger Tag sein kann. Und nicht bloss der Tag vor dem Montag sein muss. Danke, Bar Campo und danke, Abu!

Photo by Jérémie Dubois
Infos

Er kennt die Stadt wie seine rechte Westentasche, ist sowohl in Spelunken als auch in überdimensionierten Konzerthallen anzutreffen und scheint einen unstillbaren Appetit auf Berns Kulturleben inne zu haben. Kilian Ochsner schaut für den Bewegungsmelder tief ins hiesige Treiben und stürzt sich gewohnt unbefangen und unparteiisch ins bunte Getümmel.

Foto: Jérémie Dubois

Di 09.08. 2016