Christine Hasler (Lia Sells Fish) ist weder Fischverkäuferin noch Gärtnerin. Und doch bewegt sie sich in einem ständigen Kreislauf aus Säen und Ernten. Sei es im Winter oder jetzt, wo die Blüherei draussen anfängt. Von Seelenreiter // Christine Hasler, Lia Sells Fish
Noch zwei Spieltermine stehen mit dem Theaterprojekt an, für das ich gerade am Bühnenrand sitze und Musik mache, – dann liegt es eine Zeit lang brach. Jetzt, wo die Blüherei draussen anfängt. Die Zeit, in der man immer nach der passenden Jacke sucht und am Abend den morgendlichen Entscheid bereut. Die singenden Vögel machen Sinn, die schreienden Katzen in der Nacht ebenso wie die kreischenden Kinder am Morgen.
Ich habe den ganzen Winter lang gearbeitet, gesät, und geerntet. Und jetzt stehen da einige verstreute Einzeltermine in meiner Agenda, wie kleine Schneeglöckchen auf offener Wiese. Meinem Körper tut das sicher gut. Mal für eine Zeit keine Sandwiches, keine Pasta mehr und keine Asia-Noodles (It’s something!) um Mitternacht. Etwas Zeit für ruhige Zeiten.
Gleichzeitig heisst es aber auch: Weitersäen! Weiterernten! Weitermachen!
Gigs reinholen, Album aufnehmen, Zeitung lesen, Steuererklärung ausfüllen (ich hab‘ zu viel AHV bezahlt, I want it back!), SUISA-Listen ausfüllen, Computer und Festplatten ausmisten, rausgehen, Sachen schauen, telefonieren, putzen, waschen, Weltgeschehen verfolgen, Bücher lesen, gute Filme schauen, Pflanzen umtopfen, neue Songs schreiben, Gelenke schmieren, E-Mails schreiben.
Sich mit der Welt beschäftigen, die es da draussen gibt.
Und ihr ebenso Beschäftigung geben: Habe gerade mit heimlifeisser Genugtuung eine Umfrage zu den Lohnverhältnissen von FachhochschulabgängerInnen ausgefüllt. Die werden meine absurden Antworten nur mit viel Kopfzerbrechen deuten können. Zufriedenheit am Arbeitsplatz ganz oben, super Verhältnis zu den Vorgesetzten, keine Angst vor einer Entlassung, gleichzeitig aber die Gewissheit, dass ich den Arbeitsplatz im nächsten Jahr wechseln werde und mich die Existenzangst plagt. „Monatliche Anstellungsverhältnisse gibt es nicht in der Welt da draussen!“ Und ich so: „In your face, Statistik!“ Als Abschlussgeschenk gab’s beim Master eine grossartige SIGG-Trinkflasche mit der Aufschrift: „Welcome to the jungle“.
Aber die Welt ist kein Dschungel und das Leben ist kein Garten, der nach den saisonalen Regeln spielt. Säen und ernten läuft parallel, die Finger sind nur manchmal schmutzig, das Ernten kann in Rechnungen-Bezahlen ausarten, E-Mails sind nicht nur Unkraut, Jäten ist nur Spam-Löschen, und manchmal ist auch im Winter der Wurm drin. Kunst kennt keine Saison.
In diesem Sinne: Weiter säen, weiter ernten, weitermachen!
