Zurück

Konzert-Review: Carte Blanche mit Florian Favre #3 – Néology

Acoustic Hip-Hop

Es ist wieder Zeit für die Carte Blanche des bee-flat, will heissen: Ein ausgesuchter, möglichst lokaler Künstler erhält einige Abende Zeit zur freien akustischen Gestaltung der Bühne in der Turnhalle. In diesem Jahr mit Florian Favre. Der Bericht zur dritten und letzten Ausgabe. Von Sven Sommer

Bonsoir!

Um die Liebe geht es hier, um le premier amour des Protagonisten  – jedoch nicht in ihrer ursprünglichen Form, sondern eben auf seine, Favres, eigene Art, die eigene Interpretation eines Musikstils, den es bereits in abertausenden verschiedenen Varianten gibt und der sich trotzdem ständig neu erfinden lässt. Oder in diesem Fall variieren, denn es ist ein Musikstil der sich grundsätzlich über zwei Merkmale definiert: Den Sprechgesang und den (Schlagzeug-) Beat. Dazu lässt sich akustisch quasi alles dazuschustern, solange es einen wahrnehmbaren Ton produziert. Soviel zur theoretischen Herangehensweise.

 

 

In der Praxis wird Favre der Begriff Schustern natürlich nicht gerecht. Es ist vielmehr der unkonventionelle Gipfel eines drei-abendigen Aufbaus, die bunte Bestätigung der vorangegangenen Erwartungen an das Ende dieser Konzertreihe. Es ist auch gleichzeitig der Startschuss für eine kleine Schweizer Tournee dieser neuen Kombo. Zu Bass und Schlagzeug, bekannt aus Favres Trio der Carte Blanche #1, stiessen mit Simon Girard und Steve Lands an Posaune und Trompete als extrem starkes und harmonierendes Duo dazu. Idan Morin an der E-Gitarre als nicht ganz alltägliches Instrument im Jazz begleitet und akzentuiert mit ausgiebigen Solis. Und natürlich ist da auch wieder Favre am Flügel und – eben – auch am Mikrofon.

 

 

Als ausgebildeter Jazzer kombiniert Favre den Rap natürlich mit jenem Genre, in dem er mit beiden Beinen auf dem Boden steht, oder besser gesagt auf den Pianopedalen. Das kreative Interpretieren des Hip-Hop  gelingt ihm und den anderen fünf Herren auf der Bühne, als hätte Schallplattenlattenscratchen und Sampling nie zum Sprechgesang gehört, was aber auch mit der französischen Sprache zusammenhängen mag. Sie scheint nähmlich das Bindeglied zwischen den beiden Genres zu sein, öffnet dem eher von einer ausgesuchten Höhrerschaft konsumierten Jazz den Zugang zum Hip-Hop, der seit Jahrzehnten Teil der Mainstream-Industrie ist. Da kommen wir wieder zu Favres schon in den vorhergegengenen Reviews mehrmals (zum letzten Mal, versprochen) angesprochenen, zugänglichen Art des Jazz und heben sie noch um eine Oktave höher, denn die zu Beginn erwähnte Liebe zum Hip-Hop floss eindeutig auch in dieses Projekt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Foto-Credits: Alle Fotos von Matthias Luggen.

Do 07.02. 2019