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Review Carte Blanche #3 – Zachov:Kalker:Baumon

Nach dem Liegekonzert (#1) und dem Hanz Shizzoe-Konzert (#2) wurde für die dritte Carte Blanche-Ausgabe mit Simon Bauman ein Trio reaktiviert: Unter dem Namen Zachov:Kalker:Baumon agierten die ehemaligen One Shot Orchestra-Mitglieder lustvoll und verlockend zum Tanz bittend. Unser Rückblick. Von Kilian Ochsner

Ein kurzer Blick auf die Bühne und sogleich fiel neben dem Schlagzeug und den zahlreichen elektronischen Gadgets das Sofatischchen mit dem Blumenstrauss auf. Bevor sich überhaupt die Musiker von Zachov:Kalker:Baumon blicken liessen, werweisste das Publikum munter, welche musikalische Wundertüte der aktuelle Carte Blanche-Inhaber Simon Baumann für die dritte Ausgabe der bee-flat-Veranstaltungdiesen an diesem Mittwochabend in die Turnhalle mitgebracht hatten.

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Als sich das Trio auf die Bühne begab und die Konzertbesucher mit einer sich langsam aufbauenden Klangkulisse begrüsste, stieg die Spannung umso mehr. Schwer zu definierende Geräusche dröhnten aus den Lautsprechern, erst nach mehreren Minuten hatte man das Gefühl, es kristallisiere sich allmählich ein Beat heraus. Tatsächlich: Als die drei Köpfe auf der Bühne rhythmisch zu wippen begannen, übertrug sich dieses ansteckende Wippen sehr bald auch gleich auf das Publikum. Das Dröhnen nahm auf einmal mehr und mehr Form an, und auf einmal – kaum begriffen, wie es dazu kam – erkannte man eine Melodie. Sie wurde hauptsächlich vom Bass getragen, auf welchem, zwischen dem Legen des Fundaments, Obertöne angeschlagen wurden. Die Bass Drum des Schlagzeugs spielte dazu einen schnurgeraden Beat im Bereich von 80 BPM.

Keine Tracks, eher ein One Song-Konzert

Als aus den Geräuschen formidabel tanzbare Musik wurde, entführten die Gastgeber den Zuschauer in die Welt von Zachov:Kalker:Baumon, welche sich irgendwo zwischen Trip-Hop, House und Technno bewegt, sich aber nie eindeutig einordnen lässt. Nach und nach verschwanden einzelne Elemente, welche Teil der Klangwelt waren, neue Elemente kamen hinzu und bevor man es richtig realisieren konnte, spielte das Drum einen schnelleren und treibenderen Beat, sprich: War das Trio bereits mitten im nächsten „Track“. Alle Übergänge zwischen den einzelnen Elementen dieses musikalischen Experiments waren fliessend: Man realisierte manchmal erst als sich die Band bereits in einem völlig neuen Groove befand, dass da ein Bruch stattgefunden hatte. Vieles – so schien es – entstand spontan auf der Bühne und die Musiker kommunizierten mit Blicken und kleinsten Gesten. Das funktionierte in den meisten Fällen bestens und die Band schien dem Zuhörer immer einen halben Schritt voraus zu sein.

Die Klangkulisse war so vielfältig wie zum Teil schräg; es wurde mit Rückkopplungen und Obertönen genau so gespielt, wie mit aufgezeichneten Gesangs-Passagen, welche manchmal mehr manchmal weniger, durch Effekte verfremdet wurden. Die Tracks wurden manchmal über mehrere Minuten mit einer stoisch monotonen Ausdauer vorgetragen, um sie dann unangemeldet eskalieren zu lassen. Aus etwas undefinierbaren, fast hypnotischen wurde auf einmal fantastische, elektronische Clubbing-Musik. Man wusste nie genau, wie lange die letzte Phase gedauert hatte, bevor die nächste begann; Zeit schien nie eine grosse Rolle zu spielen, es gelang dem Trio die Spannung stets aufrechtzuerhalten.

Applaus, Applaus

20160511_Stefan Suske_key_elec_b_voc_Simon Baumann_voc_key_d_Hoehe_600Px_72dpi_SCB4425Applaudiert wurde am Abend seitdem die drei Herren die Bühne betreten hatten erstmals , als der letzte angespielte Ton langsam ausgeklungen war. Der Applaus war allerdings laut und lang genug um die Musiker dazu zu bewegen, noch eine Zugabe zu spielen. Diese war merklich schneller als bis anhin Gespieltes und einige bee-flat-Besucher hielten sich mit Tanzeinlagen nicht mehr zurück. Gute Tanzmusik also, welche aber leider viel besser zu einer Samstagnacht als zu einem Mittwochabend gepasst hätte.

Die dritte Carte Blanche-Veranstaltung war sicher einen Besuch wert und Simon Baumann hat erneut bewiesen, was für ein facettenreicher Musiker er ist. Das wohl einzige ‚Manko‘ war, dass es an einem Mittwochabend doch eher schwierig ist, das Publikum zu elektronischer Musik, welche sich im Bereich zwischen 70 und 128 BPM bewegt, zu einer ausgelassenen Feier zu animieren. Tanzbar wäre der Sound allemal.