Die Farbe auf den bedruckten Speisekarten ist noch fast feucht, so neu ist das Restaurant an der Berner Hodlerstrasse: Eingebettet zwischen Lorrainebrücke und Kunstmuseum besticht die Küche der modernen Brasserie durch Innovation und urbane Herzlichkeit. Wir haben für euch getestet. Von Julia Sabino
Beinahe wären wir daran vorbei geschlendert: Das Restaurant Bay wirkt fast ein wenig schüchtern, etwas abseits der Hauptstrasse und in direkter Nähe des Berner Kunstmuseums, seine Fassade vornehm eingehüllt in oppulente Efeuranken. Wir treffen uns ausnahmsweise nicht zum Mittagessen, sondern nehmen uns in den lauen Abendstunden ausgiebig Zeit. Das Bay hat aber ansonsten auch mittags eine gute Auswahl an Speisen für seine hungrigen Gäste.
Anfang März dieses Jahres vom Ehepaar Christina und Maurice Bridel eröffnet, war das Konzept für das Bay eigentlich von Anfang an klar: «Wir wollen diesem Teil der Stadt etwas neues Leben einhauchen. Kulinarisches Hauptaugenmerk richten wir dabei auf diverse französische Köstlichkeiten, die einen neuen, innovativen Touch haben», erklärt uns Inhaber Maurice Bridel auf der restauranteigenen Terrasse, inmitten blühender Holundersträucher und mit Blick auf die Aare, und seine Augen beginnen zu leuchten.
Wir sind gespannt und werden von einer freundlichen Kellnerin an unseren Tisch im hinteren Teil des Lokals geführt. Die Abendkarte ist übersichtlich, bietet aber dennoch für jeden Geschmack etwas. Ich entscheide mich als Vorspeise für Blattsalat mit Gartenkräutern und Röstbrot (12.-), meine beiden Begleiterinnen bestellen einmal den Ziegenkäse im Brickteig (18.-) und eine Avocado Maki (16.-).
Als die Teller unseren Tisch erreichen, entweicht uns beim Anblick der schön drapierten Speisen ein bewunderndes «Oh!» Das Essen sieht fast zu schön aus, um gegessen zu werden. Dennoch lässt sich der Hunger nicht leugnen – und so beginnen wir. Nach dem ersten Gang sind wir drei uns denn auch ziemlich einig: Die Zutaten schmecken allesamt unglaublich frisch, die Liebe zum Detail tut zudem ihr Übriges, um die Vorspeisen mehr als nur wertzuschätzen.
Umso mehr freuen wir uns auf den Hauptgang: Ich entscheide mich – nach Empfehlung des Chefs – für die Lachsforelle, fangfrisch aus dem Murtensee (39.-), meine Begleiterinnen bestellen einmal Lammrücken (43.-) und einmal Rinds-Flankensteak mit Kartoffelstampf (38.-). Während wir warten, begutachten wir interessiert das Lokal: Obwohl das Interieur modern-schlicht gehalten ist, fallen uns überall kleine, liebevoll platzierte Details auf, die dem Bay eine warme und fast heimelige Atmosphäre verleihen.
Kaum mit Betrachten fertig, wird uns auch schon der Hauptgang an den Tisch gebracht – wir staunen über das Tempo. Und ganz ehrlich? Wir hätten auch noch länger gewartet, denn um es kurz zu machen: Das Essen war köstlich. Das junge, dynamische Team leistet ganze Arbeit in der Küche, jeder Handgriff scheint zu sitzen.
Persönlich habe ich in meinem Leben noch nie so gut zubereiteten Fisch gegessen, jede Gabel zerging förmlich auf der Zunge. Auch die Begleitung schwärmte über die Lammrücken-Speise – ein voller Erfolg. Einzig meine Begleiterin mit dem Flankensteak bemerkte, dass ihr der Geschmack der Kartoffeln nicht so ganz mundete, aber dies ist am Ende wohl wirklich einfach Geschmackssache. Um unser Menü abzurunden entschieden wir uns spontan noch für Dessert: Zweimal Vanille Baiser mit Rhabarber (14.-) und einmal Blanc et Noir (weisse und dunkle Schokolade, 16.-) sollen es sein. Wieder staunen wir über die kunstvoll hergerichteten Teller: Jede Speise für sich ein kleines, essbares Gemälde.
Unser Fazit nach einem Abend des Schlemmens und einer Flasche Rotwein: Wir sind ehrlich begeistert. Trotz des etwas gehobeneren gastronomischen Anspruches fühlt man sich zu keinem Zeitpunkt fehl am Platz, sondern wird herzlich empfangen und auch so bewirtet, als Gast ein wahres Highlight. Die Preise bewegen sich teilweise sicherlich etwas ausserhalb eines gewöhnlichen Studi-Stundenlohns, dennoch stimmt das Preis-Leistungsverhältnis allemal. Wir werden mit Sicherheit nicht das letzte Mal im Bay gewesen sein.