«Herr Ober, die Rechnung bitte!» Aber eine Rechnung gibt es im Tiramisu nicht, dem Schauplatz fürs Stadtzmittag von dieser Woche. Das Pop-up Restaurant im Mattenhofquartier funktioniert nämlich nach dem Bezahl-was-es-dir-wert-ist-Konzept. Von Sven Sommer
Das Wetter stimmt, der Hunger auch. Wir sind früh dran, obwohl wir reserviert haben. Das Ziel ist das Restaurant Tiramisu an der Belpstrasse im Berner Monbijou. Es ist kurz vor 12.00 und wir noch die einzigen Gäste an diesem Mittag. Wir werden herzlich empfangen und an den Tisch gewiesen. Darauf steht bereits eine Karaffe Wasser mit Zitronen-, Limetten- und Orangenstücken drin. Was denn das Menu sei? Heute etwas aus dem Pizzaofen, lässt man uns wissen.
Das vierköpfige Team, sie nennen sich 4 Ragazzi, kennt sich aus der Hotelfachschule Thun, welche sie seit Ende April abgeschlossen haben. Kaum hatten sie den Kugelschreiber nach der Abschlussprüfung zurück im Etui verstaut, standen sie schon in ihrem ersten eigenen Restaurant. Klar, es hat nur einen Monat geöffnet – dafür ist die Idee hinter dem Konzept mehr als gewagt: Die Gastgeber tischen auf was sie wollen, und der Gast bezahlt dafür so viel, wie ihm das Essen wert ist.
Das Interieur im Tiramisu ist in klassischer Pizzeria-Manier gehalten, denn das ist das Ristorante normalerweise auch. Die vier Gastgeber haben aber mit viel Liebe einige Details geändert, haben Konservendosen mit Gewürzpflänzchen gefüllt und auf den Tischen verteilt, an die Wände haben sie alte Weinkisten aus Holz geschraubt. Genug Deko, um dem Lokal für einen Monat den eigenen Stempel aufzudrücken.
Vorab gibt es einen Salat mit Hüttenkäse und getrockneten Tomaten. Das Lokal beginnt sich zu füllen. Es folgt der Hauptgang: Pizzastücke mit Schinken, Parmesan und Zucchini, immer wieder frisch aus dem Ofen. Die Pizza wird nie kalt, weil sie laufend unter den Gästen aufgeteilt wird. Der Pizzaboden ist hauchdünn und mit hochwertigen Zutaten belegt. Auf Wunsch gibt es auch eine vegetarische Variante. «Wir wissen noch nicht was wir morgen auftischen werden, wahrscheinlich aber etwas aus dem Kochtopf», erhalte ich als Antwort auf die Frage, wie oft denn das Menu wechsle. Und das passt zum aufgestellten und freundlichen Team. Als gelernte Gastronomen können sie das Lokal ohne Angestellte führen. Kochen, bedienen, putzen, alles machen die 4 Ragazzi selbst. Zum Schluss das Dessert. Man wählt zwischen Mascarpone mit Amaretto und Orangenabrieb, Limettenquark und Panna Cotta mit Pflaumentopping. Ein superleckerer, nicht zu süsser Abschluss für eine leckere, solide und nachhaltig nahrhafte Mahlzeit in angenehmer Atmosphäre.
Ach, wie viel wir bezahlt haben? Soviel wie es uns wert war. Und der Besuch im Tiramisu ist es allemal wert.
