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Mai-Interview: Im Gespräch mit Al Pride

«Früher haben wir einige Songs gezielt nicht all zu lange geschrieben, weil sie sonst nicht ins Radio gepasst hätten»

Nach dem Soundcheck ist vor dem Konzert: Wir trafen die Badener Band Al Pride im Progr-Hof und unterhielten uns über kommerziellen Erfolg, den Songschreibe-Prozess und den Abgang von Keyboarder Luk aus der Band. Von Sven Sommer

Al Pride gastierte vor kurzer Zeit in der Turnhalle. Sie spielen seit einem Jahr Gigs in der ganzen Schweiz und in Deutschland mit ihrem Drittling „Hallavara“ im Gepäck. Als Special Guest trat für drei Intermezzi SRF Virus-Moderator und Rapper Pablo Vögtli auf. Al Pride spielen Musik mit Einflüssen aus diversen Musikstilen. Rap war zwar noch nie dabei, liess sich aber problemlos ins Klangbild der Band einbauen. An einem Holztisch im Progr-Hof trafen wir uns mit Sänger und Gitarrist Nico, Sängerin Astrid und Keyboarder Tobi.

 

 

Bewegungsmelder: Vielen Dank für die Zeit, so kurz vor dem Znacht. Nico, du hast in einem Interview einmal gesagt, Al Pride bestehe aus fünf sehr guten Freunden. Mittlerweile spielt ihr nicht mehr in genau der gleichen Zusammensetzung. Wie habt ihr es untereinander?

Nico: Klar, mit der neuen Besetzung, unter anderem mit Tobi am Keyboard, herrscht ein anderer Vibe auf und neben der Bühne. Ein guter, aber es ist ein anderer.

Tobi: Das musikalische Niveau ist gesunken, dafür kommen wir gut miteinander aus. (Alle lachen)

Astrid: Quatsch.

 

Ich dachte eigentlich, dein Bruder Luk spiele die Keys bei euch, fällt er heute aus?

Nico: Er ist nicht mehr dabei. Wir stehen uns immer noch sehr nahe, klar, auch er und der Rest der Band. Unser drittes Album „Hallavara“ war ein hartes Stück Arbeit. Es ist das Ergebnis aller unserer verschiedenen musikalischen Einflüsse, das Album brachte diese auf einen gemeinsamen Nenner. Für die Aufnahmen mieteten wir uns für fünf Wochen in einem Häuschen in Schweden ein – das war eine intensive Zeit. Darauf folgte ein sehr intensiver Herbst mit einer Tournee durch Deutschland. Dabei entstanden gewisse Spannungen und wir merkten einfach, dass in dieser Kombination ein so nahes Zusammenarbeiten nicht mehr möglich ist und vor dem letzten gemeinsamen Konzert haben wir in gegenseitigem Einvernehmen einen Schlussstrich gezogen. Wir hatten dann ein super Abschlusskonzert für Luk.


Apropos Konstellation: Gibt jeder von euch Inputs in den Sound der Band oder habt ihr einen Bandleader im klassischen Sinn?

Nico: Hinter jedem unserer Songs steht jeweils eine Person, die etwas mehr für dessen Entstehung geleistet hat als der Rest der Band, schlussendlich jedoch hat jeder seine Finger im Spiel und es entsteht ein Gemeinschaftswerk. Am Schluss finden wir immer eine gemeinsame Lösung, so dass der Song jedem gefällt, was uns sehr wichtig ist. Das nimmt zwar mehr Zeit in Anspruch, als wenn einer alleine alles entscheiden würde, jedoch stimmt es danach für jeden in der Band.

 

Zieht ihr auch externe Personen in den Prozess mit ein, einen Produzent etwa?

Nico: In Schweden hatten wir einen Produzenten mit dabei. Den hatten wir bei den ersten zwei Alben, die uns jeweils nach kurzer Zeit zum Hals raus hingen, nicht. Es war eine gute Erfahrung, jemanden unabhängiges beiziehen zu können, der offen seine Meinung über die Songs und die Art sie zu spielen kundtut.

Astrid: Wir hatten auch sonst diverse Leute, die für kurze Zeit nach Schweden kamen und ihre Ideen miteinbrachten oder auch gleich Instrumente selbst einspielten. Die Songs stammen also nicht nur aus der Feder der fünf Personen im Vordergrund.

 


Normalerweise holen sich Künstler Produzenten ins Boot, um kommerziell erfolgreicher zu werden und eine breitere Masse anzusprechen. Der Sound auf „Hallavara“ ist jedoch weniger zugänglich, als noch auf den ersten zwei Alben…

Nico: Wir wollten ein Album produzieren, bei dem wir alle dahinter stehen und noch vor der Veröffentlichung sagen können: Wow, genau so haben wir uns das vorgestellt. Uns war es wirklich wichtig, mit dem Album zufrieden zu sein, bevor sich auch die Öffentlichkeit dazu äussert.

Astrid: Wenn es dann noch gut beim Publikum ankommt – umso schöner. Früher haben wir einige Songs gezielt nicht all zu lange geschrieben, weil sie sonst nicht ins Radio gepasst hätten. Diesen Aspekt liessen wir dieses Mal völlig unbeachtet.

Nico: Das war auch das erste Mal, dass unsere Singles von Radiosendern abgelehnt wurden.

Tobi: Echt jetzt?

Nico: Ja, Energy nahm vom zweiten Album noch Singles ins Programm auf, die Singles von „Hallavara“ nicht mehr. Dafür stiegen die Zahlen der Klicks auf den Streaming-Plattformen und auch die Plattenverkäufe an. Das zeigt, dass wir mit dem neuen Album ein breiteres Publikum angesprochen haben. Es ist befriedigend zu wissen, dass die Musik, die wir so spielen wie sie für uns am besten klingt, auch beim Publikum besser ankommt.


Wo bewegt ihr euch ausserhalb der Zeit mit der Band, womit verdient ihr eure Brötchen?

Nico: Auch in der Musikwelt. Nici, unser Drummer, spielt auch mit anderen Formationen und gibt Schlagzeugunterricht. Ich selbst leite und organisiere Produktionen im Salzhaus in Winterthur, Tobi ist viel Solo unterwegs (Tobias Carshey) und unterrichtet Gesang.

Astrid: Ich arbeite auch in einem Kulturlokal, aber auch nur Teilzeit, um viel Zeit in die Band investieren zu können.

 

Wie sieht die Zukunft von Al Pride aus?

Nico: Bis jetzt ist noch nichts konkret. Wir lassen uns Zeit und arbeiten an Dingen, die uns Spass machen. Neue Songs sind noch keine geschrieben. Falls alles klappt können wir nächstes Jahr den Soundtrack zu einem Film schreiben, doch das wird erst spruchreif, wenn das ganze Vorhaben etwas konkreter ist. Wir haben das letzte Album aufgenommen, weil wir Bock darauf hatten, nun machen wir das nächste Projekt, auf welches wir Bock haben. Ob das nun ein Album wird oder sonst was, das wird sich zeigen.

 


Fotos: JDUBOiS


Infos

Das aktuelle Interview erscheint im Rahmen der Bewegungsmelder Monatsinterview-Reihe. In diesem Format wurden unter anderem bereits Yokko, Pedro Lenz, Nowfrago und Suns of Thyme interviewt. Die nächste Ausgabe folgt im Juni 2017.

So 30.04. 2017