Entdeckungswillige Musiker lassen sich ihre kleinen Ausflüge in ein gelobtes musisches Neuland, wohl auch einer naturgegebenen Noblesse wegen, in den meisten Fällen einfach nicht verbieten. Ein Mißstand. Von Maurice Angst
Denn derartige Spritztouren ins Ungewisse können durchaus böse enden, wie die gestandenen Sphärenrocker von Long Distance Calling mit ihrem fünften Studioalbum «Trips» beweisen. Selbst dieses bis anhin fleissig duldsamste Songkreationen schaffende Kollektiv hätte gut daran getan, von jenem voreiligen Schritt auf fremdes Terrain abzusehen. Nichtsdestotrotz spielt die Musik, desweiteren kein Übel oder anderes Missglück ahnend, gleich von Beginn weg hauruckartig auf.
Mit «Getaway» überrascht uns die Band mit einem Opener, der — irgendwie — ziemlich sicher nicht bloss zum grossen Erstaunen eingefleischter Fans an eine funky Disconummer von Daft Punk erinnert. Ein fast schon tanz-, aber dennoch sonderbarer Rohling. Alles in allem ist dieser Track am Ende — so hart’s klingt — nichts weiter als das einzige, einigermassen versöhnliche Element, das man dieser Platte abgewinnen mag. Leider sogleich auch der bedauernswerte Vorbote dessen, was nun kommen soll und was uns reihenweise zu einem erst nach einer guten Stunde enden wollenden, regelrechten Exzess des Kopfschüttelns zwingt. So bleiben die restlichen gewohnt einlullenden, ja liebgewonnen Klänge als auch der treibende, mit riesigen Schritten voranschreitende Wagemut zu dürftig, zu blass. Es lässt sich beim besten Willen noch nicht einmal annähernd auch nur ein Hauch von Freigeist ausmachen, der für solche Expeditionen durch die verschiedensten Dekaden und musikalischen Provinzen als unabdingbar gilt. Die Enttäuschung gipfelt in dem kläglichen Versuch einer Ballade, die schlicht an eine bodenlose Frechheit grenzt.
Wer sich also auf Atmosphären verdichtende Epen freut, mit denen die vier Deutschen bis zu diesem Werk so gewaltig zu überzeugen vermochten, der wird sich seiner Enttäuschung stellen müssen. Bad Trips. Der Gesang wird — von der Qualität dessen jetzt mal abgesehen — mit Sicherheit ebenfalls nicht wenigen als völlig überflüssig vorkommen, zeichnet sich das Genre des Post Rocks doch grösstenteils im rein Instrumentalen aus. Trotzdem: Musikfanatiker werden auch auf dieser Scheibe ihre Perlen finden, schliesslich strotzt sie vor Zitaten an alte Meister und von Oden an vergangene Zeiten.