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Restaurant Commerce: Kulinarischer Kurzurlaub in der Altstadt

Das Gastgewerbe ist weiss Gott kein Ponyhof. Nicht selten ist es den Launen der Kundschaft oder schlicht höheren Gewalten ausgeliefert. Verdammt knallhart kann's sein, schnelllebig ist's und oft auch gnadenlos. Im Café de Commerce scheint man davon irgendwie nichts mitgekriegt zu haben. Bem-Vindo! Von Maurice Angst

So ist an diesem frühsommerlichen Prachtstag auch die angenehm ländlich anmutende Gaststube in der Gerechtigkeitsgasse fast bis auf den letzten Platz besetzt. Hier, wo offensichtlich noch kein zu überschwänglichem Kitsch neigender Innendesigner je sein Unwesen trieb, stillen Vielbeschäftigte gleichermassen ihr Fernweh, wie auch bärenhungrige Büezer, Damen im Deux Pières und die Männer in massgeschneiderten Anzügen ihre Mittagspausen verbringen. Manch ein Berner mit Wurzeln im Süden Europas gönnt sich ein Stück Heimat, ein nach Sehenswürdigkeiten suchendes Touristengrüppchen ein wenig Erholung. Die Kinder, gestärkt und schon wieder überaus quirlig vor lauter Neugier, tummeln sich um ein in Würde alterndes, schnörkelloses Aquarium im Eingangsbereich und suchen das Gespräch mit allerlei Fischen. Damit schneiden sie dem fokussierten, stets klassisch elegant gekleideten Servicepersonal um Anabela & Rui Pacheco zwar hin und wieder die ohnehin relativ engen Laufwege ab, sorgen aber gleichzeitig auch für ordentlich Leben in der Bude.

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Dessen ungeachtet fliessen draussen auf dem familiären Terrässchen unter den Lauben entspannt die Diskussionen unter Freunden, begrüssen sich Stammgäste, schmeicheln sich Verliebte. Ein Gefühl von Ferien. Worauf es sich nun mal ganz wunderbar mit einem Glas Rosé Clarete de Navarra und herrlich eisgekühltem, reichlich vorhanden Leitungswasser aus der Karaffe anstossen lässt. Der Blick in die Speisekarte, in welcher sich ein opulentes, mediterranes Leibgericht ans andere reiht, macht es einem womöglich schwer, sich der Vernunft wegen fürs Tagesmenu zu entscheiden.

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Schliesslich weiss man um die herausragende Qualität der Meeresfrüchte hier und um die sättigendste, feinste Paella der Stadt. Im Kopf jedenfalls entstehen schon die Bilder von üppigsten Festessen nahe der Völlerei. Der grüne Blattsalat zum Tagesmenu kommt dann dennoch bestens ohne das übliche Dekogschmeus aus und vermag mit einer gelungenen, leichten Essig-Öl-Mischung und knackigen Zwiebelringen zu überzeugen. Auch der Hauptgang, ein schön würziges, zartes Rinds-Stroganoff mit Reis, lässt kaum zu wünschen übrig.

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Für unser Tagesmenu haben wir Fr. 17.50 bezahlt, dazu jeweils als Getränk ein Glas Rosé (Fr. 4.10) und einen Softdrink (Fr. 4.20) bestellt, ohne am Schluss auf ein Tässchen Kaffee (4.10) zu verzichten. Man fühlt sich pudelwohl, ja richtig umsorgt in diesem Traditionsbetrieb, der bereits seit dem Mittelalter zur Verköstigung der Bundeshauptstädter beiträgt. Und so möchte man gerne noch ein wenig verweilen in diesem mittlerweile echt kultigen Etablissement, wo etwa schon Mani Matter oder eine Meret Oppenheimer dinierten.

Infos

Adresse
Gerechtigkeitsgasse 74
3011 Bern
Telefon +41 31 311 11 61
info@restaurant-commerce.com
www.restaurant-commerce.com

Mo 30.05. 2016