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James Bond – Spectre

Die Story ist Dünn, James Dünn. Sehr dünn, sollte das aber heissen - und warum das nichts macht, lest ihr hier. Von Rico Plüss

Die letzten Bond-Filme waren in der Schweiz allesamt Publikumshits – woher die Faszination an der Reihe? Die Formel ist seit jeher gleich und ähnlich, einzig die Schauspielenden variieren. Ist es die Vertrautheit der Rezeptur und somit das Bewusstsein um eine weitestgehende Erfüllung der Erwartungen? Also etwa vergleichbar damit, warum Menschen in Hilton-Hotels übernachten und im McDonald’s speisen? Bevor weiter abgeschweift wird: Mit dem Start von Craig’s Verkörperung des britischen Geheimagenten erhielt die Figur einiges an psychologischem Tiefgang, zu sehen erstmals in „Casino Royale“. Nach dem zerfahrenen Wackelkamera-Overkill namens „Quantum of Solace“ folgte „Skyfall“, für den die Schweizer und Schweizerinnen ebenfalls in Scharen ins Kino strömten. Auf diese drei baut „Spectre“ auch direkt auf, und nimmt in bisher noch nie gesehenem Ausmass Bezug auf vorherige Geschehnisse.

Sein Name ist Bond und seine Story lässt zu wünschen übrig
Der Plot ist es dann aber leider auch, der neben dem viel zu blassen Bösewicht (gespielt vom normalerweise überragenden Christoph Waltz) wohl als grösste Schwachstelle des Filmes zu werten ist. Dem Filmvergnügen zuliebe wird an dieser Stelle auf ausführliche Handlungsbesprechungen verzichtet, doch es muss festgehalten werden, dass selbst für Bond-Verhältnisse die Story hauchdünn zusammengepappt ist. Das fragile Konstrukt, das in der ersten Hälfte noch einigermassen kohärent und  sinnbehaftet steht, fällt dann spätestens in der zweiten Hälfte in sich zusammen. Macht aber erstaunlich wenig.

Audiovisuelles
Dass dem so ist, ist einem guten Händchen in Sachen Personalbesetzung hinter den Kulissen zu verdanken. Inszeniert wurde James Bond nämlich noch nie derart stilbewusst, ikonisch und schlicht: umwerfend schön. Und das in einer Reihe, die sich eine solche Inszenierung auf die Fahne geschrieben hat. Man ist stellenweise an „A Single Man“ erinnert, den Film, bei welchem Modedesigner Tom Ford Regie führte und an dessen schierer Ästhetik sich noch heute Filme messen müssen, wenn sie bezüglich 60-Jahre-Anleihen visuelle Ansprüche vermelden.

Und wie Spectre aussieht kann einem durchaus den Atem verschlagen. Während der gesamten Filmlänge reihen sich die sehenswerten Shots und Einstellungen nur so aneinander, und kompensieren damit die dünne Story, so dass es gar nicht mehr auffällt, dass der Film eigentlich ein einziges Anreihen von Schauplätzen, Produkten und Filmsets ist. Kein Wunder, denn dafür verantwortlich ist Hoyte Van Hoytema, seines Zeichens Cinematograph bei Spectre und weiteren visuellen Meilensteilen wie „Her“ und „Tinker, Tailor, Soldier Spy“.

Erwähnenswert ist weiterhin das Sound Editing. Es kommt natürlich auch auf das Kino und dessen Lautsprecheranlage an, doch auch so sollte festgestellt werden können: Hier wird gerummst statt gekleckert. Knackige Bässe donnern und in den entsprechenden Actionszenen wummert und dröhnt es, dass es eine wahre Freude ist.

Last but not least soll auch noch vom weitherum völlig zu Recht hochgelobten Bond-Girl gesprochen werden: Léa Seydoux ist glücklicherweise viel mehr als nur eye candy und hat mit Persönlichkeit, Charme und einer erfrischend frechen Art schnell das Publikum auf ihrer Seite.

Fazit
Obwohl Bösewicht und Story nicht überzeugen, sieht der neue Bond immerhin überragend aus und  tönt auch so. Stil über Substanz, möchte man sagen und läge dabei goldrichtig. Dass ein gigantisches Budget für ein Hochglanzprodukt verwendet wurde, dessen Inhalt allenfalls als Steh-Lunch taugt, ist schade. Die SchweizerInnen werden trotzdem massenweise Kinoeintritte lösen und sich etwas blenden lassen – das aber immerhin in audiovisuell höchst gefälliger Art.

Fr 06.11. 2015