Am Samstag kämpfen in Bern am nächsten Swiss Wrestling Entertainment-Anlass furchtlose Wrestler um Titelgürtel, Prestige und die Publikumsgunst. Was steckt da alles dahinter? Wer organisiert Wrestling-Anlässe in der Schweiz? Wir haben Wrestling-Promoter Steffen Semmet um ein paar Antworten gebeten. Von Marc Gerber
Wir alle wissen, das Bern die Hauptstadt der Schweiz ist, aber wusstet ihr auch das Bern die Hauptstadt des Wrestlings ist? Ja richtig, Headlocks, Dropkicks und Backdrops sind im Sternensaal in Bümpliz keine Seltenheit, wenn die grösste Schweizer Wrestlingliga die SWE wiedermal zur grossen Pay Per View einlädt. Der Herr des Ringes (gekonntes Wortspiel) ist Steffen Semmet, der mit seinem Wrestling Know-How aus Deutschland, die Schweiz zur Hochburg des Catchen machen will. Wir haben ihn mit Freundin ganz friedlich bei Kaffee und Kuchen getroffen.
Bewegungsmelder: Schweiz und Wrestling das gibt es seit 20 Jahren, doch so populär wie heute war es noch nie, ihr füllt jeden zweiten Monat den Sternensaal der immerhin Platz für 400 Leute bietet. Was ist euer Geheimnis?
Steffen Semet: Die SWE wurde in Bern gegründet und alle Gründungsmitglieder kommen aus Bern. Deswegen wurden auch die ersten Shows hier veranstaltet. Durch harte Arbeit haben wir uns hier ein schönes Stammpublikum erarbeitet.
Ich gebe es zu, ich [der Autor Marc Gerber, Anm. der Redaktion] bin selber grosser Wrestlingfan und war schon an vielen Events dabei, doch so viele Leute wie in Bern hab ich höchstens gesehen, wenn die WWE, die grösste Wrestlingliga der Welt, in die Schweiz kommt. Was macht ihr anders?
Ich denke das A und O ist natürlich die Werbung, mit den sozialen Medien sprichst du Wrestlingfans in der ganzen Schweiz an und die kommen dann auch. Natürlich hilft es auch das man die WWE im TV sehen kann und so das Produkt Wrestling in den Köpfen der Leuten ist.
In den USA ist Wrestling ein riesen Ding das von der WWE beherrscht wird. In Europa gibt es keine grosse Liga, sondern viele kleine, wie würdest du die europäische Szene beschreiben?
Also im Moment merke ich einen klaren Aufwärtstrend auch in Europa, in Deutschland findet man jedes Wochenende mehrere Veranstaltungen. England ist in Europa das Mekka das Wrestlings, wo 10 000 Leute an solche Events gehen. Frankreich und Italien sind auch stark im Kommen und da probieren wir in Bern natürlich auch mitzuhalten. Es ist eine kleine, aber feine Szene.
Das merkt natürlich auch die WWE, die nun eine eigene Liga in Europa plant aufzubauen. Würdet ihr von der SWE auch davon profitieren?
Ich glaube eher nicht, denn die WWE braucht für diese Liga auch Talente und schon jetzt ist es schwierig, da die grösste Wrestling-Liga der Welt alle Talente abkauft. Somit haben wir kleine Ligen es immer schwieriger gute Wrestler langfristig zu verpflichten. Dazu hast du die Schwierigkeit auch Talente aus den USA zu booken, da auch diese von der WWE verpflichtet werden und dann nur noch exklusiv für diese Liga antreten. Dazu kommt, das der Rest der besten US-Wrestler auch noch in Japan wrestlen oder in einer der anderen US-Ligen wie Ring of Honor oder TNA zusätzliche Verträge besitzen.
Aber diese haben doch keine exklusiven Verträge, könnte man diese dann nicht buchen?
Doch, nur die haben dann meistens keine Zeit oder kosten zu viel.
Wie schwierig ist es als Wrestling Promoter eigene Talente zu kreieren, wenn man sie nicht importieren kann?
Sehr schwierig. Man muss aber dazu auch sagen, dass wir in Kallnach im Seeland eine eigene Wrestlingschule (in einem Kuhstahl, Anm. der Redaktion) haben. Diese hat bereits Talente wie Cesaro (der bisher einzige Schweizer Profi-Wrestler, der bei der WWE unter Vertrag steht, Anm. d. Red.) ausgebildet. Wir machen vor unseren Events auch mehrmals im Jahr Matches, bei denen sich die Anfänger dem Publikum präsentieren können. Zusätzlich können Talente vor den Shows in Seminaren mit US-Wrestlern üben.
Wäre eine Wrestlingshow nur mit Schweizer Talenten möglich?
Es wäre möglich, aber sehr schwierig zu realisieren. Da müsste man wirklich alle verfügbaren Top-Wrestler für einen Abend verpflichten.
Wie schwierig ist es, eine normale SWE-Show zu booken? Ihr habt ja nur all zwei Monate eine Show und trotzdem probiert ihr Geschichten über das ganze Jahr zu erzählen. Einige Feden, die dann irgendwann bei einem Kampf gipfeln.
Das ist schwierig, denn du möchtest ja nicht immer das Gleiche bieten. Klar gibt es die, die vielleicht einmal im Jahr kommen, aber du hast auch das Stammpublikum, die die Feden der Wrestler verfolgen. Zum Beispiel wenn der Publikumsliebling plötzlich ein Böser wird und seinen Partner von hinten attackiert, da erwartet das Publikum dann auch das die bei der nächsten Show gegeneinander antreten. Da hilft es, das wir regelmässig Interviews in den sozialen Medien streuen, um auch die Hardcore Fans zufrieden zu stellen.
Viele denken sich sicher bei diesem Nerd-Interview: „Ach, Wrestling, das ist doch das mit Hulk Hogan und dem Undertaker, wo sich Muskelmänner auf die Glocke geben“. Ist die Akzeptanz mittlerweile grösser?
Denn einen gefällt es, denn andern nicht. Es ist aber definitiv ein Unterschied, ob du Wrestling live vor Ort am Ring oder im Fernsehen erlebst. Wenn du siehst was die Jungs ihren Körpern zumuten. Glaub mir, wenn du vom Ringpfosten auf einen anderen Wrestler springst, das tut weh, dass kannst du nicht schauspielern und so was muss man mal gesehen haben, denn das sind Emotionen pur. Es ist also nicht alles nur Show.