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Im Gespräch mit Mich Moser von Luana Records

Ein arbeitswütiger Idealist

«Ich sehe es als gegenseitige Unterstützung: Sie geben mir Musik und ich gebe im Gegenzug ihr Zeugs heraus.» Von Michelle Benz

Mich zog vor Jahren vom beschaulichen Lützelflüh nach Bern. Seither ist er scheinbar unermüdlich bei diversen musikalischen Projekten in und um Bern involviert. Vor Kurzem feierte sein Label Luana Records 5 jähriges Bestehen – höchste Zeit also, dass wir uns mit Mich an einem schönen Sommertag an die Aare setzten und mit ihm über sein Engagement plauderten.

Mich, wo mischelst du gerade überall mit?

Bei drei Labels. Mism RecordsLuana Records und re:st. Ausserdem bei der Veranstaltungsgruppe r3s3t – obwohl wir eigentlich nicht mehr so heissen. Wir veranstalten durchschnittlich alle 6 Wochen etwas im Rössli. Und dann natürlich beim Les Digitales Bern; und einmal pro Monat mache ich die Sendung ‚Unerhörtes – ungehörtes‚ bei RaBe.

Welche Musik fasziniert dich?

Abseitige Musik bekommt oft nicht so viel Platz. Also muss man es selber in die Wege leiten, dass solche, die diese Musik schaffen mal nach Bern oder überhaupt in die Schweiz kommen. Es gibt zudem Sachen, die noch nie auf Platte herausgekommen sind, also muss man selber schauen, dass das passiert.

Was verstehst du unter abseitiger Musik?

Musik, die eher kopflastig ist, mich aber auch emotional trifft. Sperrig und komplex. Musik, für die du dir manchmal Zeit zum Zuhören nehmen musst, um den Faden zu finden. Solche, bei der du vielleicht nicht sofort kapierst, wie sie funktioniert, weil sie nicht unbedingt eingängig ist. Es gibt aber natürlich auch Sachen, die mir viel zu wirr sind, die ich nicht verstehe. Grundsätzlich darf es aber schon sehr neuartig klingen, es braucht für mich einfach entweder einen erkennbaren Rhythmus oder schöne Flächen. Wenn ich ein Stück dreissig, vierzig Mal hören kann und trotzdem noch neue Details entdecke, dann zeugt das für mich von Nachhaltigkeit. Solche Projekte empfinde ich als unbedingt unterstützenswert.

Unterstützenswert ist ein gutes Stichwort! Kommen wir auf Luana zu sprechen. Was hat es damit auf sich?

Da muss ich etwas weiter ausholen. Zuerst gab es Mism Records. Vor ziemlich genau 10 Jahren war die Blütezeit vom abstrakten, independent Hip-Hop. Mein Kollege Manu und ich spezialisierten uns mit Mism auf diesen experimentellen Hip-Hop. In dieser Szene waren aber auch eine Unzahl toller Produzenten vertreten, die so gute Beats machten, dass ich denen unbedingt eine eigene Plattform geben wollte. Dafür habe ich dann Luana ins Leben gerufen. Mittlerweile hat sich das Spektrum aber erweitert. Grundsätzlich kann alles dabei sein, was elektronisch ist, über eine eigene Signatur verfügt und mir gefällt. Das Kredo ist Vinyl für die Künstler und deren Fans herauszugeben. Selber bin ich auch einfach grosser Fan.

Du betreibst Luana alleine, wie kannst du dir dein eigenes Label leisten?

(lacht) Das frage ich mich manchmal auch. Luana ist ja immer noch etwas Kleines, auch mit über 30 Releases. Ich rechne das eher so, dass eine verkaufte Platte die Produktion der nächsten finanziert. Gewinnbringend ist Luana nicht, im Gegenteil. Es ist ganz klar ein Hobby, es kostet aber macht Spass. Andere kaufen sich dafür ferngesteuerte Segelböötchen – die kosten auch.

Wie wählst du aus wen du heraus gibst?

Bei Mism haben wir den Grundsatz, dass wir nur Leute herausgeben, die wir schon getroffen haben und von denen wir wissen, dass sie sympathisch sind. Bei Luana hingegen gibt es einige, die ich noch nie persönlich getroffen habe, da seit einiger Zeit halt auch Demos reinkommen und ich dann doch noch nicht ganz alle spannenden Künstler persönlich getroffen habe. Scherz beiseite: mit ausnahmslos allen Künstlern, für die wir ein Konzert organisiert haben oder sonst in Kontakt gekommen sind, haben wir uns immer grossartig verstanden. Darum habe ich immer ein gutes Gefühl, wenn es sich um jemanden aus diesem Kreis von Leuten handelt, und konnte diese Regel für mich etwas lockern. Viele der Künstler kommen aus Amerika, Kanada, England, Frankreich oder Deutschland.

Du investierst grosse finanzielle und zeitliche Ressourcen in dein selbst ernanntes Hobby. Wie kommt es dazu, dass du dich so für Musik engagierst? 

Ich fing mit Zwölf Jahren an, mit durch Rasenmähen verdientem Geld CDs zu kaufen. Ab diesem Zeitpunkt war ich angesteckt. Musik. Immer. Rund um die Uhr. Später kam das Bewusstsein dafür, dass es unglaublich viele Talente gibt, die nie eine Chance bekommen – respektive die finanziellen Mittel nicht haben – um etwas herausgeben zu können. Ich sehe es als gegenseitige Unterstützung. Sie geben mir Musik und ich gebe im Gegenzug ihr Zeugs heraus. Zwar ist es ein zeitintensives Hobby, aber eines, in das ich sehr gerne viel Energie reinstecke. Wie auch die anderen Labels bei denen ich involviert bin, ist Luana independent. Das heisst, ich kann machen was ich will. Ich nenne das gerne selbst auferlegte Freiheit – innerhalb von dem mir selbst gesetzten Rahmen kann ich alles selber entscheiden. Wenn ich morgen keine Lust mehr darauf habe, dann war es das. Niemand zwingt mich. Eben schon huere geil.


Infobox

Als Lcp steht Mich ausserdem regelmässig hinter den Plattentellern.

Diesen Juni veröffentlichte er eine Split 7“ mit Diphasic und vor ein paar Tagen eine Split-12“ mit Cutkachi.

Seine und andere abseitige Musik findet man hier: www.luanarecords.com

Beitragsbild: Linolschnitt von Mich

Mo 14.09. 2015