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Im Gespräch mit Gimma zur Tour «Der Freie Fall»

Der Bündner Rapper hat in den letzten Jahren Bücher publiziert, sich als Kolumnist gezeigt und auch immer wieder neue Herausforderungen angenommen. Seine aktuellste Challenge: Eine Improjazz-Tour mit Musikern, DJ und viel Unabgesprochenes. Ein Gespräch zur Tour und nächsten Abenteuern. Von Pablo Sulzer

 

Gian-Marco Schmid aka Gimma ist seit seinen Anfängen als Rapper immer wieder neue Wege gegangen: Der Schweizer Rapper, Schriftsteller und kreative Überraschungstüte geht mit der nun startenden Tour «Der Freie Fall» der musikalischen Bühnenimprovisation nach. Mit der Pianistin Vera Kappeler, dem Perkussionisten Peter Conradin Zumthor, Sound-Designer Jonas Häni sowie DJ Illvibe aka Vincent von Schlippenbach versucht Gimma sich dem freien Fall zu stellen.

 

Von Thun via Liestal und Düdingen ins Fürstentum: Die Freie Fall Tour. Bild: zvg.

 

Bewegungsmelder Magazin: Hey Gimma, cool, nimmst du dir kurz vor der Tour die Zeit für dieses Gespräch. Erzähl doch mal, an was bist du grad dran, wie geht es dir?

Gimma: Mir geht es super. Kürzlich habe ich mein CAS abgeschlossen als Musikproduzent, an der FH Graubünden habe ich Musikproduktion studiert. Bis vor kurzem arbeitete ich noch als Musikproduzent bei der SRG. Und jetzt steht die Tour vor der Tür. Danach beginnt der Jahresendspurt mit dem Big Air Chur im Oktober. Kurz: Es geht mir super.

BM: Schön! Also dann schauen wir in die Gegenwart: Die Tour «Der Freie Fall» steht an. Was ist für dich der Reiz an dieser Geschichte?

Gimma: Nun, die meisten Musikschaffenden, die von diesem Konzept erfahren, finden das Ganze etwas masochistisch. Es ist es auch: Wir balancieren knallhart auf einer Rasierklinge von Cringe. Alle improvisieren gleichzeitig, ohne Absprache und Proben. Das Potential für Fehler ist natürlich gigantisch und unendlich. Es braucht ein riesiges Vertrauen, Geduld und auch viel, viel Humor. Für mich ist es Neuland; meist war ich vorne auf der Bühne und nicht als eines von vielen Elementen einer Band dabei. Inhaltlich fliegt es in völlig andere Sphären. Ich denke, auch das Publikum wird bei der Show eine Weile brauchen, um zu verstehen, was überhaupt geschieht. Es lebt sehr vom Moment. Schwierig zu erklären. Ich bin fast froh, wenn die Gigs durch sind, damit ich es nicht mehr erklären muss (lacht.)

 

Von oben nach unten: Peter Conradin Zumthor, Vera Kappeler, DJ Illvibe und Gimma. Bilder: zvg.

 

BM: Versuchen wir es trotzdem, etwas konkreter: Wie ist die Vorgehensweise bei einem solchen Projekt? Oder wie seid ihr für die Tour «Der Freie Fall» vorgegangen?

Gimma: Das ist auch innerhalb dieses Projekts sehr unterschiedlich: Unser DJ Illvibe – Vincent von Schlippenbach –  bereitet die «passenden» Vinylplatten vor und muss vor allem schauen, dass er diese gut sortiert in die Schweiz mitnimmt. Vera Kappeler und Peter Zumthor sind wohl jeden Tag am proben und ich bin vor allem jeden Tag am Sport machen & in der Sauna. Mein Ziel ist es vor allem, meinen Kopf frei zu kriegen bis zu den Gigs. So bereiten wir uns für die Tour vor. Was wir nicht machen: Gemeinsam einen Chat oder Video Calls haben. Kurz: Wir kommunizieren nicht miteinander (lacht).

 

 

BM: Spannend, danke für den Einblick! Auf Social Media habt ihr bei diesem Projekt unter anderem den #improjazz hingeschrieben. Bringt es dieser auf den Punkt?

Gimma: Doch, doch. Ich habe in Gesprächen gemerkt, dass der Jazz-Stempel für die meisten das Ganze gut erklärt. Es ist definitiv kein HipHop-Projekt. Improjazz mit mehrsprachigen Gesangs-Lyrics – und der DJ-Teil ist sehr speziell. Improjazz passt schon, als erste Erklärung darauf, was das Publikum bei den Shows erwarten könnte.

Schlagzeuger und Pianistin: Das Duo Zumthor & Kappeler.

 

BM: Wie sieht es während der Show auf der Bühne aus: Mit wem musst du dich live am besten verstehen? An wen hältst du dich beim Improvisieren am ehesten fest?

Gimma: Sehr schnell musste ich aufgeben, mich am Schlagzeuger zu orientieren. Zumthor spielt so freaky, dass dies mir zu Showbeginn nichts bringt, keinen Halt. Ich orientiere mich am meisten am DJ Illvibe, weil ich wohl als Rapper diese musikalische Sprache am besten verstehe: Loops, Sounds, Scratches – an diesen Sachen kann ich mich ziemlich rasch festhalten, falls ich mal nicht wissen sollte, wohin die Reise geht.

 

Improvisiert mit Vinyl & mehr: DJ Illvibe aka Vincent von Schlippenbach.

 

BM: Du hast erwähnt, dass ihr keine Chatgruppe für dieses Projekt habt. Doch wie steht es denn mit dem Zwischenmenschlichen & sonstigem Austausch bei diesem Projekt?

Gimma: Ironischerweise muss es tatsächlich zwischenmenschlich extrem gut funktionieren. Letztes Mal, als wir uns getroffen haben in Chur, sind wir für einen ganzen Tag einfach mal zusammen rumgehangen, haben etwas unternommen und über Gott & die Welt gequatscht – alles andere, als Musik gemacht. Es ist tatsächlich eine sehr feinfühlige Angelegenheit, um diesen Austausch sauber auf die Bühne zu bringen: Es braucht sensible Menschen, für so ein Projekt, nur mit Alphatieren wäre es garantiert nicht möglich.

 

 

BM: Du hast Bücher geschrieben, Kolumnen, nun kommt eine Impro-Show. Zu Beginn dieses Gesprächs hast du erwähnt, dass Leute dich wegen diesem Projekt masochistisch nennen. Magst du es, dich aufs Neue herauszufordern?

Gimma: Ja, ganz klar, das ist für mich sehr wichtig. Ich habe in den letzten zehn Jahren praktisch keine Gigs als Gimma gemacht. Und diese Tour ist etwas anderes, dieser Challenge wollte ich mich stellen. Mal schauen, ob das verhebt. Mir ist die Herausforderung oft wichtiger, als das Resultat, ganz ehrlich. Und in diesem Fall noch mehr. Es fordert mich dermassen heraus, bin so nervös, dass es für mich für meine menschlichen Entwicklung wahnsinnig wichtig. Wohl meine endgültige Kur gegen jegliche Form von Lampenfieber.

 

Drei Bücher hat der Rapper bereits veröffentlicht: Stets sehr persönliche und direkte Geschichten. Gimmas‘ Empfehlung: «Hinter der Maska isches dunkel». gimmasworld.ch

 

BM: Wir kommen fast zum Schluss dieses Gesprächs. Zusammengefasst, was wünscht dir von dieser Tour?

Gimma: Ich freue mich sehr darauf, wieder einmal auf der Bühne zu stehen. Die Vorfreude ist gross auf die Gigs, ich weiss auch, wie schräg das wird und was für ein absurde Situationskomik in den verschiedenen Locations entstehen wird. Das Rumtouren an und für sich habe ich früher eigentlich nicht so gerne gemacht: dieses rumreisen, herumgammeln, Bier saufen – nicht mehr gaanz so meine Welt, obwohl der einte oder andere Rausch wohl schon drin liegen dürfte (lacht).

 

Gimma mit einem Mist-Schild im Hintergrund.

 

BM: Gibt es etwas, dass Gimma nicht oder noch nicht probiert hat? Nicht jetzt unbedingt absolut crazy Stuff gemeint, sondern mehr diese herausfordernde, künstlerische oder produktive Sachen.

Gimma: Ja, grad gestern habe ich mich mit jemanden länger darüber unterhalten. Dank dieser Tour entsteht gerade eine komplett neue Bucketlist bei mir:  Es ploppen gerade komplett neue Möglichkeiten auf. Ich habe mir überlegt, – und wahrscheinlich ist es mega lächerlich, dies hier in die Welt rauszuposaunen und der Witz dabei hiermit etwas verloren geht, immerhin werdet ihr euch in 20 Jahren daran erinnern, dass ich es hier gesagt habe –  ich würde gerne im Setting dieser «Freie Fall»-Tour etwas mit Rick Rubin produzieren. In diese Richtung gehen meine Gedanken aktuell, mal andere Sachen ausprobieren. Natürlich klingt das alles etwas bireweich und Fanboymässig, aber ich glaube, das könnte eine Person sein, die gute Inputs auf diese Musik hätte und verstehen würde, um was es uns beim «Freie Fall»-Projekt geht. Und wahrscheinlich ist dieser Gedanke nur ein bisschen grössenwahnsinnig (lacht).

 

BM: Und das ist wohl gut so. Merci, Gimma, für das Gespräch!

 

 

Infos

Die Tour «Der Freie Fall» findet vom 16. bis 23. September 2023 statt.

Die Konzertdaten
Sa, 16. September 2023 Cafe Bar Mokka, Thun
So, 17. September 2023 Klavierwerkstatt, Liestal
Do, 21. September 2023 Bad Bonn, Düdingen
Fr, 22. September 2023 Le Singe, Biel
Sa, 23. September 2023 Jazzfestival, TAK Theater Liechtenstein, Schaan

Wir verlosen je 2x2 Tickets für die Konzerte im Bad Bonn Düdingen (Do, 21.09.) und im Le Singe in Biel (Fr, 22.09.), die Verlosungen findest du hier.

Sa 16.09. 2023