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Im Gespräch mit Friska Viljor

„Die ersten zehn Jahre waren erst der Anfang, jetzt legen wir richtig los“

Friska Viljor sind zurück! Die Schweden-Kombo hat mittlerweile zehn Jahre auf dem Band-Buckel. Einen Grund runter zu schalten ist das noch lange nicht. Von Samara Leite Walt

Selten kam eine Bandgründungsgeschichte so lässig daher, wie jene von Friska Viljor. Hinter der Band stehen Daniel Johannson und Joakim Sveningson, ihres Zeichens Bandgründer und Aushängeschild der Schweden-Kombo. Sie waren es, die betrunken und beide mit gebrochenem Herzen an einem kalten Januar in ihrer Lieblingsbeiz beschlossen, sich ihres Liebeskummer zu entledigen und stattdessen richtig gute Mucke zu machen. Zehn Jahre sind seither vergangen und aus den Hobby-Musikern von damals ist eine richtige Band geworden. Zeit um eine Zwischenbilanz zu ziehen. Wir trafen die Beiden vor ihrem Gig im Bogen F auf ein Bier und unterhielten uns unter anderem über Album Nummer 6 My Name Is Friska Viljor, welches bereits in den Startlöchern steht.

Euer neues Album, welches im Juni rauskommt, trägt den simplen Titel My Name Is Friska Viljor. Stellt ihr den Fans mit der Platte eine neue, gereifte Band vor? Platten wie For New Beginnings oder Remember Our Name liessen ja bereits auf einen Richtungswechsel hin deuten.

Daniel: Wir stellen New Beginnings vor.
Joakim: Genau, das wir der Name der nächsten Platte: New Beginnings , Again! Nein, ernsthaft, natürlich gibt es keine totale Abkehr von dem, was uns ausmacht. So wir werden weiterhin unsere melodische Sprache beibehalten. Dieses Album mag jedoch sound-technisch eventuell näher beim Mainstream liegen. Letzen Endes es klingt trotzdem nach wie vor wie die alten Friska Viljor. Man braucht also keine Angst zu haben. Wir haben uns nicht verkauft und die Seite gewechselt. Es steckt immer noch jede Menge von uns drin.

Du hast gerade gesagt, dass sich die Melodien verändert haben. Es tat sich aber auch inhaltlich so einiges bei euch, wie zum Beispiel bei der Vorabsingle In My Sofa I’m Safe.

Daniel: Die Lyrics zu In My Sofa I’m Safe sind ein ironisches Statement zu verstehen. Es geht um einen inneren Konflikt zwischen einem „neuen Ich“ und dem Drang, denn man manchmal hat, wieder zum „alten Ich“ zurückzukehren. Es ist aber auch eine Geringschätzung der Situation in welcher man sich befindet, und die Panik, welche man dann kriegt und sich denkt: „Fuck, es ist Dienstagabend und möchte jetzt wirklich raus und mir diese Show ansehen. Aber ich kann nicht und ich hasse alle meine Freunde, weil sie es tun können.“ Warte nur, bis du selber Kids hast, dann weisst du wovon ich spreche. Dann sind meine wiederum schon erwachsen und ich kann wieder ausgehen, ha!

Joakim: Bei mir ist es so ziemlich dasselbe wie bei Daniel. Es ging zunächst sehr lang bis es überhaupt zu dieser Familiensituation kam. Und als es bei mir dann so weit war, passierte alles ganz schnell. Ich traf ein Mädchen, welches ich wirklich sehr mochte und drei Monate später war sie schwanger. Es war also ein ziemlich abruptes Ende zum „alten Ich“ und ich fand mich auf einmal beim Windeln wechseln wieder. Aber es könnte uns nicht besser gehen. Ich habe zwei richtig coole Kinder, welche sehr brav sind und nachts sogar schlafen. Ich kann mich also wirklich nicht beschweren.

Gibt es überhaupt noch etwas worüber ihr nicht geschrieben habt, weil es sich bisher nicht ergab oder die Situation nicht passte?

Daniel: Ich habe versucht für dieses Album etwas mit politischen Inhalten zu schreiben. Also nicht unbedingt ein durch und durch politisches Lied, sondern eines, welches gewisse Facetten davon aufgreift. Aber in Schweden ist es halt so, dass wir uns ohnehin schon alle in der Mitte bewegen und schon im Alltag immer wieder über dasselbe sprechen. Okay ja, es gibt da auch die ganz Rechts, aber die hassen sowieso alle. Es wäre so, als würde man offene Türen eintreten.

Joakim: Was ich auch gerne schreiben würde, wäre ein richtiges, wahres Liebeslied. Das konnte ich noch nie. Nur Hasslieder.

In einem früheren Interview habt ihr mal gesagt, dass ihr nur wenn ihr traurig seid, gute Lieder schreiben könnt. Hängt es möglicherweise damit zusammen?

Joakim: Ja, ich denke immer noch, dass die besten Lieder aus Leid entstehen. Vor zehn Jahren war unser Leiden jedoch seichter und oberflächlicher. Da waren wir einfach über unsere damalige Situation deprimiert und mehr so: „Buhuu, ich habe keine Freundin. Frauen sind doof.“ Heute ist es mehr so, dass wir unser Leben als Ganzes in Frage stellen. Sachen wie: „Wo gehen wir hin? Was wird aus mir und meinen Kindern?“ Alles wird auf einmal viel grösser, realer und intensiver, was die Emotionen anbelangt. Was war nochmals die Frage?

Du hast sie soeben beantwortet. Daniel, auf der kommenden Platte hört man dich nach Remember Our Name wieder alleine am Mic. Hast du dich mittlerweile an die Rolle als Leadsänger gewöhnt, war das ein natürlicher Prozess?

Daniel: Ich fühle mich tatsächlich wohler in dieser Rolle, nachdem Joakim mich ständig dazu gedrängt hat. Eigentlich tat er das schon seit dem zweiten Album. Weder ich noch er wollten jedoch, dass ich seine Texte singe. Noch war ich im Stande, etwas zu schreiben, was ich in der Öffentlichkeit singen wollte. Dies war so bis zum letzten Album. Dann sass ich mich hin und es fühlte sich ganz natürlich an auch Songtexte zu schreiben. Davor mochte ich einfach nicht, was ich schrieb.

Joakim: Ich freue mich, dass er jetzt auf unseren Shows jetzt zeigt, was er kann. Denn nun hat sich herausgestellt, dass er nicht nur ein begnadeter Songschreiber ist, sondern auch ein mindestens so guter Texter.

In den letzten Jahren standet ihr auf jeder Menge Bühnen und habt von der kleinen Bühne vom Bogen F in Zürich bis hin zum Hurricane so ziemlich jedes europäisches Festival gerockt. Mit eurer langjährigen Bühnenexpertise, wo greifen eure Lieder besser?

Joakim: Ich verstehe dass, Lieder wie On And On sozusagen, Hymnen sind, welche eher für ein grosses Publikum konzipiert sind. Bei unseren Akustikauftritten, wo jedoch nur wir beide auf der Bühne stehen, bevorzuge ich weniger Zuschauer. Es gibt dann einfach eine grössere Interaktion mit dem Publikum. Wir sehen die Leute wirklich und können sie Dinge fragen. So ist der Auftritt kein Monolog mehr sondern ein richtiger Dialog. Durch die Intimität die dabei entsteht, macht es das Ganze manchmal sogar viel verrückter und ausgeflippter als vor grossem Publikum. Diese Woche waren wir schon in Wien in dieser Akustik Formation und es war der absolute Wahnsinn.

Daniel: Beim grossen Publikum gibt es zwar schon auch einen Dialog. Dort ist es jedoch schwieriger etwas, was über „WOHOOOOO“, “ „BOOOH“, „WOHOOOOO“, “ „BOOOH“, hinausgeht, zu kommunizieren.

Joakim: Wirst du bei den Auftritten ausgebuht?

Daniel: Nee, das sind denks mehr brunftartige Freudenrufe…

Joakim: Genau.

Eine Dekade Bandgeschichte, in der beide Gründungsmitglieder immer noch dabei sind. Das ist im schnelllebigen Musikgeschäft ja schon fast eine Ewigkeit. Hättet ihr damals, als ihr die Band ins Leben gerufen habt, gedacht, dass ihr heute immer noch touren würdet?

Daniel: Es mag vielleicht seltsam klingen, aber es war uns damals gar nicht richtig klar, was wir da taten, als wir eine Band gegründet haben. Der Gedanke daran musste sich zuerst mal setzen. Mit jedem Album, welches herauskam, mit jedem weiteren Auftritt, wuchsen wir so langsam in die Rolle hinein. Es verlief also alles sehr organisch. Ehrlichgesagt, war das erst der Anfang, die Aufwärmphase. Wir haben noch gar nicht richtig angefangen. Gib uns nochmals 30 Jahre und dann legen wir richtig los.

Werdet ihr also wie die Stones auch noch als Opas auf der Bühne stehen?

Joakim: Genau! Ich kann es mir gar nicht vorstellen, eines Tages nicht mehr auf der Bühne zu stehen.

Den Clip zur Vorabsingle In My Sofa I’m Safe findet ihr hier:

 


 

INFOBOX

My Name Is Friska Viljor erscheint am 12. Juni 2015

Im Herbst kann sich das heimische Publikum wieder auf die beiden Schweden freuen. Am 8. November 2015 sind sie als komplette Formation im Stall 6 zu Gast.

[Foto https://www.flickr.com/photos/early-photography/6312193771/]

Sa 20.06. 2015