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Hinds – Leave Me Alone

Von Hirschen zu Hirschkühen. Vier Frauen rütteln die Männerdomäne des Garage-Rock auf und sorgen bei uns für eine Rezension mit zu vielen Adjektiven. Von Kevin Mc Loughlin

Die vier Madrileninnen, die hinter Hinds stecken, nannten sich bis vor einem Jahr noch Deer. Bis eine ähnlich benannte Band ihnen mit rechtlichen Schritten drohte und sie so dazu zwang, sich umzubenennen. So wurde aus den Hirschen (Deer) kurzum Hirschkühe (Hinds), was rein biologisch sowieso exakter ist – handelt es sich doch um eine reine Frauenband. Nun gut, so viel also zum Bandnamen. Der tut aber eigentlich nicht so viel zur Sache – ausser dass es sich lohnt, sich den Namen Hinds zu merken: Die Spanierinnen dürften eine strahlende Zukunft vor sich haben.

Gelungene Mischung

Ihre Lieder scheinen fast zu bersten mit sonnigem, südländischem Flair. Hinds spielen fröhlichen und fusseligen Lo-Fi Garagepop, beeinflusst – wie sie selbst sagen – von Mac DeMarco und Garage-Ikone Ty Segall. Jangle-Pop à la DeMarco und Gitarrenriffs nach Segall gibt es entsprechend auch zu hören bei den Hinds. Allerdings klingen auch einige andere, ältere Einflüsse bei ihrer Musik durch. Die Surf-Gitarren und der Reverb der späten 60er sowie die gleichgültige Leichtigkeit der amerikanischen Art-Popper Velvet Underground füllen das Klanguniversum weiter aus.

Ihre Debütplatte «Leave Me Alone» bringt nun all das zusammen und vereinigt es zu einem grossen Ganzen. Und das äusserst gelungen. Die (Spiel-)Freude der vier Freundinnen drückt in jedem Lied durch und ein grosser Pluspunkt ist die scheinbare Leichtigkeit, mit der Hinds ihre Musik wiedergeben: Singen darf, wer gerade Lust dazu hat, die Gitarren sind alle nicht komplett richtig gestimmt, die Songs fliessen dahin, je nach Lust und Laune der Band. Der spanische Akzent in den Vocals trägt weiter zum sympathischen Eindruck bei, den die Platte hinterlässt.

Lust auf mehr

«Leave Me Alone» ist ein 39-minütiges Bündel an musikalischer Energie, das uns schon jetzt im Januar mit Vorfreude auf den Sommer erfüllt. Vom süffigen Opener «Garden», über die Jugend und Freiheit zelebrierende Lieder wie «Chili Town» oder die Debütsingle «Bamboo» bis hin zum südländisch anmutenden Closer «Walking Home» macht die Platte Spass. Und auch ruhigere Nummern, wie das Instrumentalstück «Solar Gap», oder das  schmollende «I Will Send Your Flowers Back» halten die Energie hoch.

«Leave Me Alone» ist ein etwas irreführender Titel, geht es doch in den Liedern vermehrt gerade um das Gegenteil. «All I’m asking for is you to make a move» singen sie zum Beispiel auf «Chili Town». Und so geht es auf fast allen Liedern um Liebe und Beziehung, Gefühle und Annäherung. Das unterstützt das Bild der Hinds-Bandmitglieder als verschworene Freundesgruppe noch weiter.

Es ist fast unmöglich, diese Platte nicht zu mögen – was auch an der überaus sympathischen und authentischen Art der vier Hinds-Frauen liegt. Für gewöhnlich würden hier zum Ende Anspieltipps stehen. «Leave Me Alone» darf allerdings getrost komplett durchgehört werden. Wiederholt.

Infos

Hinds Live:
Am 19.01. im Bogen F in Zürich
Am 27.01. im Le Romandie in Lausanne

ab sofort im Handel

So 10.01. 2016