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Hin und weg #3: Gustav Gans

Das schlechte Wetter gehört in Hamburg zum guten Ton. So sehr, dass es zu einem der gängigsten Witze gehört, das tolle «Hamburger Wetter» zu loben, wenn es mal wieder hagelt. Wenn dann allerdings das Wetter plötzlich mitmacht, geht den Norddeutschen das Herz auf. Kein Wunder, bei dem Angebot. Von Kevin Mc Loughlin

Es nimmt schon fast mythische Züge an, wenn Hamburgerinnen und Hamburger in den nassgrauen Spätwinterzeiten vom Elbstrand schwärmen. Denn dort, mitten in Hamburg-Altona, lasse es sich bei schönem Wetter perfekt die Seele baumeln lassen. Aber schönes Wetter, so zumindest der Konsens im März oder April, gebe es hier im rauen Norden sowieso nicht. «Hamburger Wetter» halt, ne (hier bitte lachen und die nächste Eckkneipe aufsuchen).

Und wenn es dann im Mai plötzlich doch schönes Wetter ist, fühlen sich alle wie Gustav Gans, der das sprichwörtliche Glück gepachtet hat. Und siehe da, der Elbstrand erweist sich in der Tat als fantastischer Ort: Der sich warm unter die Sohle schmiegende Sandstrand lädt zur Illusion ein, irgendwo in der Südsee zu sein, der Strandkiosk liefert das kühle Pils, aus und von mitgebrachten Lautsprechern und Grills wehen Klangfetzen und Bratwurstduft über die sich sonnende Ansammlung Menschen jeder Couleur. Nur in der Elbe baden sollte man wohl nicht unbedingt. Da gibt es definitiv schöneres – zum Beispiel ein kühles Bier und eine warme Wurst.

Auch nicht zu unterschätzen ist die Dauer der Sonnenstunden. Hamburg liegt merklich nördlicher als die Schweizer Heimat. Was sich einerseits im angesprochenen «Hamburger Wetter» (bitte verächtlich lachen und einen wohlbemessenen Schluck Pils zu sich nehmen), aber andererseits auch in richtig langen Tagen niederschlägt. Bereits Mitte Mai dunkelt es erst um 22 Uhr ein.  Und der Elbstrand ist bei weitem nicht das einzige Sonnenangebot der Stadt. Da gäbe es zum Beispiel auch die verschiedenen Partybarkassen, die zu abendlichen Hafenrundfahrten mit Bar und DJ einladen. Aber mehr dazu ein andermal.

Die Beginner sind hier übrigens oberstes Kulturerbe. Ihnen wird mit meist glänzenden Augen attestiert, den deutschen Rap in den 90ern in neue Sphären geführt zu haben. Und aus diesem Grund liegt ihnen ganz Hamburg noch heute zu Füssen. Ihre Ankündigung eines neuen Albums vor einigen Wochen löste schon fast Volksfeste aus, das auf Dezember angekündigte Konzert in einer grösseren Hamburger Konzerthalle war innerhalb weniger Stunden ausverkauft. Dieses Lied der Beginner wurde auch ausgewählt, weil im Video zum einen viel von Hamburg zu sehen ist, und die Aufnahmen zum anderen wohl länger gedauert haben müssen, um so viel Sonne bei vier Minuten Hamburg zusammenzukriegen. Na klar, wegen dem «Hamburger Wetter» natürlich (hier bitte zustimmend grunzen und noch nen Kurzen bestellen)!

 

Infos

Der ehemalige BM-Chefredaktor Kevin Mc Loughlin hat den Anker an der Berner Aare gelichtet und seine neue Heimat in Hamburg gefunden. Ganz verlassen hat er den Bewegungsmelder zum Glück nicht: Jeden Monat berichtet er uns über seine Abenteuer und tischt uns womöglich reichlich Seemansgarn auf. Ach ja, der Titel der einzelnen Kolumnen sind jeweils Songtitel von Bands aus Hamburg. Den dazugehörigen Song gibt es am Ende der aktuellen Ausgabe zu finden. Ahoi!

Di 24.05. 2016