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Hin und weg #18: Das hier ist Fussball

Zweimal grosse Emotionen innerhalb von acht Tagen. Ein Kampf um Glorie, einer um die Existenz. Und manchmal, 1000km weit weg, findet das Glück einen plötzlich unverhofft. Von Kevin Mc Loughlin

Die Szenen haben sich bestimmt bei vielen eingebrannt und werden so schnell nicht wieder vergessen: Wie Marco Wölfli den soeben mirakulös an die Latte abgelenkten Ball packt und einen Urschrei ausstösst. Oder wie Dario Marzino, Pedro Teixeira und David von Ballmoos gebannt am Spielfeldrand auf den Abpfiff warten. Oder wie das ganze Stadion sich Sekunden später in ein gelbschwarzes Freudenmeer verwandelt. Oder wie Goaliegott Wolf auf dem Balkon in Sektor A sitzt und eine Siegeszigarre raucht. Oder… die Liste könnte endlos weitergeführt werden.

Auch im hohen Norden führten diese Geschehnisse zu Anspannung, Mitbangen, Jubelschreien und, ja, zugegeben, Freudentränen. Zumindest diesen einen Abend hatte Bern eine kleine 3-Zimmer-Exklave in Ottensen, Hamburg-Altona auf sicher.

Im gelbschwarzen Freudentaumel und mit einer gehörigen Portion Heimweh durch die Woche taumelnd, fand man sich sonntags dann plötzlich ganz bang in braunweiss wieder. St. Pauli spielt gerade auch um viel, aber eher am anderen Ende der Tabelle. Nach einem schrecklichen Herbst und einem – gelinde gesagt – suboptimalen Frühling ging plötzlich wieder das Abstiegsgespenst am Millerntor um. Ob es sich dabei um dasselbe handelt, das es sich in Stellingen beim Vorstadtdino nun schon ein paar Jahre lang wohnlich eingerichtet hat, ist amtlich nicht belegt.

Zu Gast zum letzten Heimspiel der Saison war Aufstiegskandidat Arminia Bielefeld, trainiert übrigens von dem in der Schweiz bestens bekannten Jeff Saibene. Eine Niederlage sähe die Boys in Brown möglicherweise auf einem direkten Abstiegsplatz (dafür aber die Arminia vielleicht auf einem Aufstiegsplatz), ein Heimsieg wäre gleichbedeutend mit dem Klassenerhalt – und zwar für beide Vereine. Die Spannung war greifbar, das Stadion kochte nicht nur des tollen Wetters wegen.

90 Minuten später war klar: St. Pauli packt auch in dieser Saison das Ding und bleibt zweitklassig. Wer weiss, vielleicht gibt es nächste Saison ja wieder einmal ein Stadtderby. In einer Woche wissen wir mehr. Und YB? Na, der Meister geht jetzt erst einmal in Basel auf Besuch. An so etwas könnte man sich echt gewöhnen.

Infos

Der ehemalige BM-Chefredaktor Kevin Mc Loughlin hat den Anker an der Berner Aare gelichtet und seine neue Heimat in Hamburg gefunden. Ganz verlassen hat er den Bewegungsmelder zum Glück nicht: Jeden Monat berichtet er uns über seine Abenteuer und tischt uns womöglich reichlich Seemansgarn auf. Ach ja, die wechselnden Titel seiner jeweiligen Hin und weg-Kolumnen entsprechen dem mitgelieferten, monatlichen Songbeitrag einer Hamburger Band. Den dazugehörigen Song gibt es am Ende der aktuellen Ausgabe zu finden. Ahoi!

Fr 11.05. 2018