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Hallo Stockholm, bis bald Bern #2: Elektronisches und Geschmäcker

Stockholm bietet ein abwechslungsreiches, aber nicht herausstechendes Nachtleben. Aber tanzen lässt es sich allemal. Vor allem Clubs erinnern stark an irgendwas zwischen Berlin und Zürich. Von Saima Sägesser

Abende, die wie Indoor-Festivals konzipiert sind, häufen sich in Europa und so auch in Stockholm. Einer davon war die «P2ArtsBirthdayParty» im Södra Teatern. Ähnlich wie die RaBe-Feste in der Reitschule, feierte der schwedische Lokalsender P2 seinen Geburtstag mit einem Hoch auf experimentelle, elektronische Musik. Das Södra Teatern ist ein Veranstaltungslokal das auf der Södermalm-Insel liegt und aus einer alten Theaterbühne aus dem Jahr 1859 und einer umgenutzten Kegelbahn besteht. Das Theater gilt mehr als Hochburg für Konzerte als für performative Künste. Die Kägelbanan ist vielfältig einsetzbar und ist ein toller Ort für Clubnächte.

An besagtem Abend hatte man die Gelegenheit dort schwedische, aufstrebende elektronische Musiker*innen kennen zu lernen. Ich und drei Freundinnen hatten vor dahin zu gehen. Sie kamen mit neuen Bekanntschaften, was völlig in Ordnung ist, aber schwierig wird, wenn die Interessen auseinanderdriften. Zugegeben, Siri Karlsson auf der Theaterbühne auftreten zu lassen und das Publikum in Sitze zu quetschen, war nicht die hellste Entscheidung, da aber die Künstler*innen entsprechend der Musik auf verschiedene Räumlichkeiten verteilt waren, war es wiederum ok. Man konnte sich so entsprechend dem eigenen Gusto bewegen. Jedenfalls feierte ich die Band um die schwedische Sängerin mit ihrem folkigen Elektrosound mit traditionellem Einschlag ziemlich ab und hatte Mühe mich in den Sitzen zu halten, während es meine Begleiterinnen gar nicht umhaute.

Zu zweit suchten wir dann den experimentelleren Teil des Festivals auf, während die restliche Gruppe heim ging ohne dem Fest noch eine Chance zu geben. In der Kägelbanan traten auf zwei Bühnen DJs mit ihren Sets auf. An diesem Abend lernte ich nicht nur tolle schwedische Musik kennen, sondern auch, dass sechs Personen wohl vier zu viel sind: Es zeigte sich mir, wie schwierig es sein kann, mit neu-kennengelernten Menschen aus aller Welt einen solchen Abend zu verbringen. Guter elektronischer Sound ist ein mitteleuropäisches Phänomen, man mag und kennt das oder hört dann, um es überspitzt zu sagen, Karaoke-Musik.

Letztens ging ich, mit anderen Leuten, ins Slakthuset – ja, auch Stockholm hat ein umfunktioniertes Schlachthaus – um mir harten Techno zu geben. Der Sound von FJAAK war überwältigend. Neben dem Slakthuset gilt ebenso UnderBron als beliebter Club für elektronische Musik. Wie der Name schon sagt, liegt er unter einer Brücke und der Eingang ist nicht leicht zu finden. Übrigens: Alle drei erwähnten Clubs, bestehen aus mindestens zwei Floors. Was gut sein kann, da es so für alle etwas geben könnte, aber so auch automatisch ein «Glöif» begünstigt. Auffallend ist, dass viele Schwed*innen, wenn’s ums sich fortbewegen und tanzen in den Clubs geht, nur an sich denken. Mit Getränken überschüttet, angerempelt und geschupst zu werden, nimmt immer sehr anstrengende Masse an. Immerhin: Bald beginnt auch hier die Frühlingssaison und die Gigs wechseln vom Innenraum in den Aussenraum.

Das sind dann Momente, in denen es wirklich toll ist, die ganze Nacht durch ÖV-Verbindungen zu haben. Anders als in Bern, wo ich nachts nicht flexibel wieder nach Langenthal komme, kann ich in Stockholm für paar Stunden auf der Tanzfläche die Sau raus lassen und dann gehen. Die institutionalisierten Clubs sind gut, wenn man keine Erwartungen hat, man kommt vor 23 Uhr immer kostenlos rein und Trinkwasser gibt’s immer überall.

Wozu ich aber noch nichts sagen kann, ist die illegale Underground-Technoszene in Stockholm, die, so wie ich hörte, sehr aktiv und gross ist. Da freu ich mich schon sehr drauf.

Infos

Saima Sägesser ist aus ihrem Langenthaler Nest ausgeflogen, um für ein paar Monate ins verlockende Stockholm zu ziehen. Im Rahmen ihres Studiums an der Uni Bern schaut sie sich die Schwedische Metropole mal etwas genauer an und versucht dabei ihren Pflichten und den besonders reizvollen Rechten eines Studentinnenleben nachzugehen. Wie sieht die vertraute Heimat aus der Ferne, aus dem skandinavischen Norden aus? Saima checkt das monatlich in ihrer Kolumne «Hallo Stockholm, bis bald Bern» für euch aus.

Do 22.03. 2018