Zurück

Film-Review: «1818 – Das Unglück von Gietroz»

Eine Naturkatastrophe in der Schweiz? Unvorstellbar. Jedenfalls heute. Im neusten Dokudrama von Christian Berrut begeben wir uns auf Zeitreise: 1818 droht durch den Gietrozgletscher eine schreckliche Überschwemmung. Ingenieur Venetz hat einen Plan das Unglück zu verhindern, doch funktioniert dieser? Von Lenard Baum


Doch wie kam es zu diesem Unglück? Dafür einen Blick in die Vergangenheit sowie übers Meer. Genauer: nach Indonesien. 1815 kommt es auf der Insel Sumbawa zum schlimmsten Vulkanausbruch seid Bestehen der Menschheit. Die Stoffe, welche der Vulkan in die Umlaufbahn schleudert, lassen auf der gesamten Welt das Klima sinken. Dies schlägt sich ebenso in den Alpen nieder, wo in den südwestlichen Walliser Alpen der Gietrozgletscher stetig wächst und so hinter sich ein riesiger Schmelzsee bildet.

Der Bauer Jean-Pierre Perraudin (Jean-Emile Fellay) entdeckt als Erstes die Gefahr. Wenn der See die Mauer durchbricht, droht dem ganzen Tal eine Katastrophe. Nach einem Eilschreiben an den Kanton Wallis schickt der Bund den noch jungen Ingenieur Ignas Venetz (Diego Valsecchi), welcher die Gefahr bestätigt und mit einem Plan das Unglück zu verhindern versucht. Ein Tunnel durch den Gletscher soll den See ablaufen lassen und so die Katastrophe vereiteln. Venetz Plan geht am Ende zwar nicht gänzlich auf, doch schafft er es einem Grossteil der Dorfbewohner das Leben zu retten.

Mit nicht grad einfachen Bedingungen kämpften Schauspieler wie Crew, hier Jean-Emile Fellay im Bild, mit den aussergewöhnlichen Drehorten

In einer Mischung aus Berichten von heutigen Dorfbewohnern und Wissenschaftlern sowie nachgestellten Begebenheiten, erzählt Berrut nicht nur die Geschichte des Gietzrosgletscher Unglücks. Sondern ebenso genauer die Geschichten des Bauern Perraudin und des Ingenieurs Venetz, welche durch ihre nachfolgenden Forschungen und Plänen einerseits den Grundstein für die Gletschertheorie bringen aber ebenso zeigen, wie die damalige Wissenschaft zusammen mit Einheimischen Hand in Hand arbeiten kann. Geschickt zeigt man zeichnerisch auf, wie sich das Unglück abgespielt hat, statt etwa rein auf hochpolierten CGIs zu setzen, welche des Öfteren bei vielen vergleichbaren Dokudramen mit wenig Budget eher fehl am Platz wirken.

Hand in Hand: Ingenieur Venetz, gespielt von Diego Valsecchi, und Bauer Perraudin, dargestellt von Jean-Emile Fellay

Fazit: Überzeugender Valsecchi, mehrere Perspektiven und Cast aus der Region

Berruts neustes Projekt, welches unter anderem mit Hilfe von Crowdfunding finanziert wurde, zeigt eindrucksvoll sowohl die Ereignisse als auch die heutige Sicht des Unglücks, welches sich 1818 in den Walliser Alpen abspielte. Durch Drehs gleich am Gletscher sowie das Einbeziehen von Dorfbewohnern, Klimaexperten, Historikern und Glaziologen schafft man eine gute Mischung und ermöglicht so einen Blick auf das Unglück aus mehreren Perspektiven. Beachtlich, dass rund 120 Statisten direkt von Personen aus den umliegenden Dörfern gespielt wurden. Wobei in den Szenen von 1818 vor allem der Walliser Diego Valsecchi heraussticht, welchem man die Bühnenerfahrung am Berner Stadttheater wie dem Theater Marie Aargau gegenüber etwa den Leindarstellern augenscheinlich anmerkt. Ein Film, welcher deutlich macht, wie gefährlich die Natur sein kann.

Infos

ab sofort im Kino

Mi 11.09. 2019