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Festival-Report: Montreux Jazz Festival 2018

In Montreux ist nach intensiven Wochen wieder Ruhe eingekehrt. Wir haben während dem Festival zwei Abende vor Ort verbracht und haben eine gehörige Dosis an Musik abbekommen. Auch an Quincy Jones' Geburtstagsfeier. Von Tamara Esaltato

Montreux hat sich für einen halben Monat in eine internationale Stätte für ingesamt 240’000 Musiker, Zuhörer und Partygänger verwandelt. Die Atmosphäre auf dem Festivalgelände am Genfersee trägt genauso viel zur Stimmung bei, wie die zahlreichen Konzerte, die parallel in unterschiedlichen Venues stattfinden.

Wir habens uns unter die Menge gemischt und haben genügend Zeit vor und nach den Konzerten einberechnet, um am «Promenade de Montreux Riviera» flanieren zu gehen und uns von den zahlreichen Essensstände verführen zu lassen. Der Charme des Genfersees kommt gerade bei einem Event wie diesem äusserst ungefiltert rüber.

 

3. Juli: Blues and Groove im Jazz Lab

Das Jazz Lab ist am ersten Abend gefüllt, als Mahalia, mit ihrer souligen, zugleich sanften Stimme und einem charmanten «british english» den Abend eröffnet. Ihr im Hip-Hop & RnB angesiedelter Sound machen es zu einem gemütlichen Einstieg, doch beim zweiten Gig wird einen Gang zugeschaltet. Leon Bridges mischt mächtig mit südstaatlichem Swag, Groove und einer super sympathischen Band auf. Für dass wir in der zurückhaltenden Schweiz sind, geht das Publikum erstaunlich ab, allen voran Leon selbst mit seinen eigenen Tanzmoves. Auch wenn er uns stark an Otis Redding erinnnert, hat er seinen persönlichen Stil gefunden und feiert’s auch gehörig. Uns gefällt’s, wir feiern mit.

Zum gebürtigen Abschluss reisst uns Gary Clark Junior vom ersten Akkord an mit, mit seinem atemberaubenden Umgang an der Gitarre und seinem selbstsicheren Auftreten. Eine Gitarre mit Verzerrer, begleitet von Bass und Schlagzeug, ist alles was er auf der Bühne braucht. Irgendwie ein richtiger Bad Boy dieser Gary. Wie er mit seiner rauhen Stimme und dem Hut tief ins Gesicht gezogen Bright Lights singt, macht schon Eindruck.

Gary Clark Jr. Picture © 2018 FFJM – Daniel Balmat

 

8. Juli: Jazz bis zum Abwinken und einen aussergewöhnlichen Geburtstag

Im Set vom zweiten Abend tritt im neuen Jazz Club – im House of Jazz – eine Palette von zeitgenössischer Jazzmusiker auf. «Lövly» entpuppte sich der glasklare Gesang des Schweden Alexander Lövmark, der letztes Jahr den hauseigenen Montreux-Gesangskontest gewonnen hat und als erster auftritt. Doch was so richtig reinhaut, ist das Alfredo Rodriguez Trio. Mit unglaublich viel Witz und Spass am Ausprobieren, machen diese Jungs ihr Ding auf der Bühne. Entspannend und unterhaltend zum Zuhören, ein Trio zum Geniessen. Der Gesichstsausdruck des Bassisten zeigt klar ablesbar, wie stark dieser mit der Musik mitgeht und seinen Spass dabei hat, was auch für das Publikum nicht zu verfehlen war.

Alfredo Rodriguez Trio. Picture © 2018 FFJM – Daniel Balmat

Zu überzeugen weiss auch das Kollektiv R+R=Now, das crossover Ideen aus verschiedenen Musikrichtungen zu frischen Ansätzen weiterspinnt. R+R steht für «Reflect» and «Respond»; der unvervechselbare Sound ist dementsprechend von grossartigen Instrumentalisten besetzt, allen voran Robert Glasper, der diese Truppe zusammenstellte.

Das Highlight der Woche ist Mister Quincy Jones‘ Geburtstagsfeier, die anschliessend an das letzte Konzert im selbigen Jazz Club stattfindet und spontan einige Tage im Voraus als Überraschung angekündigt wurde. «Highlight» ist aber in diesem Kontext untertrieben, denn die Gäste, die zur Ehre von Quincy Jones auftreten, bringen das Fass zum Überlaufen. Bis in die Morgendämmerung treten hochkarätige Musiker auf, wie etwa Ibrahim Maalouf, Ezra Collective, Monty Alexander, Jacob Collier, Jorja Smith, R+R=Now und viele mehr. Sie jammen sich das Herz aus der Seele, das Motto lautet: «Improvisation». Wem diese Namen nichts sagen, dem sei gesagt, dass es sich hier um begnadete Musiker handelt, die wahrscheinlich das erste und letzte Mal in dieser Kombination aufgetreten sind. Der Saal ist rammelvoll und alle – Besucher wie auch Musiker – scheinen Teil dieses speziellen Abends sein zu wollen.

Das Ende einer langen Nacht

Die Musiker-Kombinationen auf der Bühne sorgen für grosse Unterhaltung und Gefallen – doch die Nacht ist lang und vereinzelt strecken sich sogar müde Besucher auf den sich leerenden Stühlen der Länge nach aus. Quincy Jones in der ersten Reihe weiss jedoch sein Geschenk zum 85. zu würdigen und scheint Freude an Jung und Alt auf der Bühne zu haben.

Quincy Jones. Picture © 2018 FFJM – Lionel Flusin

Übermüdet und geflasht fahren wir in den frühen Morgenstunden dem Sonnenaufgang entgegen und fühlen uns überwältigt von diesen vergangenen intensiven neun Stunden an grandioser Live-Musik.

Infos

Das nächste Montreux Jazz Festival 2019 findet vom 29. Juni - 15. Juli statt.

Mi 08.08. 2018