In Zürich steht das ZFF an und der Bewegungsmelder ist live mit dabei. Wir werfen einen Blick ins diesjährige Programm und schauen uns fünf besonders spannende Filme an. Neben grossen Stars auf dem roten Teppich, darf man sich wieder auf aufstrebenden Filmemacher*innen sowie Blockbuster freuen. Von Lenard Baum
Während die Musikfestivals sich eine wohlverdiente Winterpause gönnen, laufen in Zürich die Vorbereitungen für das Filmfestival auf Hochtouren. Die Kinosäle werden geputzt, die Stände und Panels am Paradeplatz werden aufgestellt und der rote Teppich wird dieses Jahr für Stars wie Eddie Redmayne, Til Schweiger, Charlotte Gainsbourg oder Sir Ben Kingsley ausgelegt.
Doch mehr als die grossen Namen bietet das ZFF die Möglichkeit für Premieren von jungen wie aufstrebenden Fimlemacher*innen. Insgesamt erwartet das Publikum 38 Europa- und Weltpremieren, wie das ZFF bekannt gab. Vom 22. September bis 02. Oktober kann man rund um den Zürcher Paradeplatz 146 Filme aus über 49 Länder sich anschauen.
Wir vom BM haben uns durch das Programm gewühlt und präsentieren hier fünf Filme, auf welche wir uns besonders freuen.
Tipp #1 – Die goldenen Jahre
Da sind sie endlich! Das Pärchen Alice (Esther Gemsch) und Peter (Stefan Kurt) sehnen sich die Pensionierung herbei, um endlich abzuschalten. Doch ein Schicksalsschlag mit dem überraschenden Tod von Alices bester Freundin Magalie stört das Gleichgewicht so bald.
Alice, die das Leben nun endlich auskosten will, wird gestört von den neuen Gesundheitssorgen ihres Mannes. Wie wäre es also mit einer Kreuzfahrt, um den Haussegen wieder grade zu rücken? Dumm für Alice, dass Peter Magalies Ehemann Heinz (Ueli Jäggi) mit einlädt und mit diesen die romantische Fahrt verbringt. Kurz entschlossen verlässt Alice das Kreuzfahrtschiff in Südfrankreich und macht sich auf die Suche nach einem Geheimnis ihrer Freundin, einer 15 Jahre zurückliegenden Affäre.
Regisseurin Barbara Kulcsar kehrt nach Tatort-Projekten in Deutschland zurück in die Schweiz und inszeniert nach einem Drehbuch von Petra Volpe («Die Göttliche Ordnung») eine Komödie mit Starbesetzung. Eine Komödie, in welcher Altershumor auf Lebenssorgen und Selbstfindung trifft.
Tipp #2: Daliland
Mit «Daliland» zieht das ZFF nicht nur grosse Hollywoodnamen an den Zürichsee, sondern auch einen der meisterwarteten Projekte der Filmfestsaison. Als Abschluss der Filmfestspiele in Toronto hoch gelobt, gibt sich Oscar-Gewinner Sir Ben Kingsley selbst die Ehre und wird an der Auszeichnung des Golden Icon Awards und an der Premiere anwesend sein.
In dem von Mary Hannon (American Psycho) inszenierten Historien-Drama sehen wir Kingsley in der Rolle als den alternden Meisterkünstler Salvador Dali. Der spanische Surrealist lebt mit seiner Gattin Gala (Barbara Sukowa) 1973 in New York und treiben sich dort in den Künstlerkreisen Manhattans um. Der junge Gallerist James (Christopher Britney) wird in den Bann dieser zwei Lichtgestalten gezogen und lernt zwei aussergewöhnliche Persönlichkeiten aber auch Menschen kennen. Ein berührendes wie persönliches Bild einer Liebe wie zweier Menschen.
Eine Besonderheit stellt die Darstellerwahl des jungen Dalis dar. Die mit Ezra Miller besetzte Rolle sorgte für Kritik, da der Darsteller aufgrund von Gewalt-, Drogen und Sexualexzessen in der Presse für Wirbel sorgte, man entschied sich aber dagegen, die Szenen rauszuschneiden. Hollywood halt, mit all seinen (Schatten-)Seiten in Zürich zu erleben.
Tipp #3: Alcarras
Was passiert, wenn ein jahrzehntelanger Anbau der Stromversorgung weichen muss? Wenn die Existenz einer Familie auf die Kosten des Landesbesitzers stossen? Wenn Tradition auf Moderne trifft, wer kann sich dann wohl durchsetzen? Diesen Kampf sieht sich Familie Solé entgegengesetzt, wenn ihr generationenlanger Pfirsichanbau gegen Solarpaneelen nach Beschluss des Landesbesitzers ausgetauscht werden sollen.
In ihrer letzten Ernte sieht sich eine ganze Familie einer unbestimmten Zukunft entgegen. Die Probleme bauen sich zu einem Generationskonflikt auf; die ältere Generation will alles tun, um das Geschaffene zu behalten. Den Gegensatz bilden die jüngeren Familienmitglieder, welche in die Zukunft gucken wollen. Wenn der Grossvater dazu stumm wird, aber ein uraltes Dokument nachjagt, der Vater von den anstehenden Problemen nicht wissen will und der Grundbesitzer auf die Fällung der Bäume drängt – so baut sich in «Alcarras» die Spannung auf.
Der Gewinner des goldenen Bären, der prestigeträchtigsten Auszeichnung der Berlinale, steht ganz im Zeichen zwischen Zukunft wie Vergangenheit. Spanien ist Gastland der 18. Ausgabe des ZFF und dieses katalonische Drama zeigt die bildgewaltige Schönheit Spaniens, sowie die Themen und Dramen, die ausserhalb der grossen Städte brodeln.
Tipp #4: Taurus
Das ZFF steht neben dem Film ebenso für die Grössen der Musik. Ob der Filmmusikwettbewerb, einer der grössten Wettbewerbe mit 10`’000 Franken Preisgeld, oder der SoundTrack_Zürich, die zweitätige Fachveranstaltung über Film- und Medienmusik. Kurz gesagt: Das Zürich Film Festival steht für die gesamte Bandbreite des Filmschaffens.
In diesem Spektrum bewegt sich «Taurus» des Regisseurs Tim Sutton mit prominenter Starbesetzung. Im Drama verfolgen wir einen Rapper, welcher die Höhe seines musikalischen Daseins erreicht hat. Cole (gespielt von Colson Baker «Machine Gun Kelly») schafft es aber nicht, nach einer mühsamen Tour aus einem Loch herauszukommen. In einer Spirale aus aufdringlichen Journalisten, Drogen, Skandalen und Eskapaden scheint es keinen Ausweg zu finden.
Wie viel autobiografisches Rapper Colson oder kurz MGK in den Film mit einbringt, wird sich zeigen. Dass neben ihm Partnerin Megan Fox eine Rolle im Film einnimmt, lässt aber Fans des Amerikaners auf einen spannenden Einblick hoffen. Nach einer Weltpremiere an der Berlinale folgt der Sprung in die Schweiz.
Tipp #5: Mad Heidi
Johannas Spyri Puristen müssen sich festhalten, denn das kleine süsse Mädchen, was über die Alpen rennt und mit ihrer Freundin Clara den Dorfbewohnern Streiche spielt, ist erwachsen geworden – und die Schweiz um sie herum versinkt in Chaos. Ein diktatorischer Käsemagnet (Caspar Van Dien), der als Präsident über die Schweiz herrscht, setzt mit Blut und Gewalt sein Recht durch. Grossvater Alpähi (David Schofield) will Heidi (Alice Lucy) beschützen, doch diese kann nicht zusehen, wie ihre Schweiz untergeht.
Der Film wurde zu einem Grossteil über Crowdfunding finanziert und von Fans überall auf der Welt unterstützt wie verfolgt. Dabei suchten die Köpfe hinter der «wütenden Heidi», namentlich die Nachwuchsregisseure Sandro Klopfstein aus Bern, Johannes Hartmann aus Basel sowie Produzent Valentin Greutert, einen Weg sich gegen den steigenden Streaming-Wahn von Neftlix und Co. zu wehren. Wer am ZFF kein Glück mit Karten hat, kann im Dezember den Film gratis auf ihrer Webseite abrufen.
Das waren unsere fünf mehr oder weniger Geheimtipps für das anstehende Zürich Film Festival. Auf wenn freut ihr euch besonders? Schreibt es uns hier oder via Instagram @bewegungsmelder_bern.