Zurück

Fertig SCHÜTZ

Auch Monate nach dem Ende des aktuellen Schützprojekts trauern wir dem bunten Platz nach: Unser Redakteur Steve Nyffenegger hat kurz inne gehalten und ein paar Abschiedsworte und Impressionen für die Zwischennutzung gefunden. Ein längst fälliges «Ade, Schütz». Von Steve Nyffenegger

Das Problem steckt bereits im Namen: Zwischennutzung! Doch was kommt jetzt, wieder ein Parkplatz?! Und was wurden wir beneidet, für diesen bunten, magischen Ort, diese materialisierte Traumlandschaft, mit Plätzchen & Stübchen, die zum Verweilen einluden, feinsten Lokalen mit Köstlichkeiten aus aller Welt und hiesigen Käsespezialitäten, aus Kontainern, Oldtimern & Liebe geschaffen, mit bunten Lämpchen, Pflänzchen, farbigen Getreidesilos, einem magic Schoolbus, Broki, Club und einem rot-weiss gestreiften Zirkuszelt, in dem die BM-Redaktion und Lotto-Fans noch Lotto spielen und so viele, unglaublich schöne Momemte erleben durfte.

Lotto-Action inklusive Tanzeinlagen a la Jessiquoi aka Backstreeet Boys aka Spice Girls aka Britney Spears. Lotto-Fotos: Nelson Casas Olguin.
Jubel im Zelt, dahinter: Das «Bring & Nimm»-Lädeli.
Stühle im Zelt, weiter hinten: Die kleine, feine Bühne.
Sieg im Lotto.
Sänger vom Duo Hi Jo gibt alles.
Lotto? Wird bis zum bitteren Ende ausgewürfelt.
Schön wars!

Die SCHÜTZ war eine Freuden-Oase wo Kultur einfach entstand, aus-sich-heraus, organisch und unforciert, wo Offenheit und Toleranz wirklich gelebt wurden. Das, was da in den kaum zwei Jahren Bauzeit wuchs, ist kaum zu beschreiben und schlecht in Worte zu fassen Adjektive werden der SCHÜTZ so wie sie war, einfach nicht gerecht und so fehlen dem BM für einmal die Worte fast.

Für Brocki-Fans: Genügend zum Stöbern, Entdecken und Träumen
Mit viel Liebe zum Detail
Das bunte Treiben ist vorbei.

Es war ein einziges, belebtes Kunstwerk: Ein magischer Trip, der für alle, egal, ob Einheimische/r oder Flüchtling, Frau oder Mann oder dazwischen. Egal, ob jung oder alt oder dazwischen. Egal, ob gut-situiert oder arm, oder… ihr wisst schon. Es war eine Umgebung, wo man, egal, woher man kam, egal, an was man glaubte oder wie man aussah es war ein Ort für alle, der auch Schutz & Zuflucht bot (lies mehr dazu bei Journal B in ihrem spannenden Artikel «Die Menschen verschwinden nicht» von Luca Hubschmied oder ebenso Aktuelles hier).

Die Schöpfer der jüngsten Schütz-Zwischennutzung haben mit sehr viel Herzblut, anderem Blut, Schweiss, Tränen und schlussendlich viel zu langem zermürbendem juristischen Aufwand und enormen Wiederstand aus den Quartieren Altenberg und Rabbental etwas geschaffen, eine Art wunderbares urbanes Kleinod, das einzigartig war und schweizweit seines gleichen suchte (lies dazu Fundiertes und geschmeidig Geschriebenes bei den Kollegen von KSB im Artikel «Partizip Blues» von Urs Rihs und Mirko Schwab).

In unseren anderen Städten finden interessierte Nachtschwärmer*innen, Brokigänger*innen, Veganer*innen, hungernde Obdachlose, Tänzer*innen oder Raclettesser*innen (oder beides) egal was so etwas vergebens und europaweit findet er Vergleichbares nur sehr selten. Für alle hatte die SCHÜTZ etwas zu bieten. Doch was soll man sagen. Ausser vielleicht: Haters gonna hate.

Verein Platzkultur mit einem letzten, kreativen Statement. Foto: Verein Platzkultur.
Ruhe, bitte!

And they did. Und nur allzu oft werden Stätten für Kunst & Kultur, welche meist schon das Wort „Kultur“ im Namen haben, erst dann geschaffen oder toleriert, wenn die Kultur schon längst über alle (Alten-)Berge ist. Es gibt zu viele Örtchen, in denen Anwohner*innen trist aneinander vorbei leben, meist weit weg am Arbeiten und vor Ort rein zum schlafen da sind. Und so dehnen sich diese grauen Kultur-Wüsten immer weiter aus.

Fertig Schütz. Bis bald?

Und schon jetzt hört man es kummervoll unter den Lauben Berns munkeln, das Gebiet könnte nun «verbünzeln» ein wirklich gruseliger Gedanke. Klar; wer ohnehin etwas gegen die Reithalle, SCHÜTZenmatte und alles drum herum hatte, wird sich über den kulturellen Verlust ersmals in Fäustchen lachen dürfen und natürlich; wer lange da wohnt, will natürlich den status quo aufrecht erhalten und möglichst seine Ruhe haben – doch sollte man da wirklich mittem im Herzen einer Landeshauptstadt auf bedingungslose Stille pochen dürfen? Gäbe es da nicht Alternativen, Kompromisse? Auf dem Lande wäre es sicher ruhiger, aber da stören wohl die Kühe.

Oh, wir vermissen dich, du wunderschön glitzernder, farbenprächtiger Ort. Du Schutzort, der für alle was zu bieten hatte und wo das Miteinander im Zentrum stand.

RIP, Schütz. Grüess di, Parkplatz.

Etwas Farbe hat noch nie geschadet.

Fr 21.08. 2020