Vier Tage bespielt das Play Bern Festival die Grosse Halle in Bern und beweist damit, dass die Gamewelt viel mehr zu geben hat, als man zunächst erahnen würde. Im Gespräch mit der Organisatorin Bettina Wegenast erkunden wir die verschiedenen Spiel-Schichten, die die Gamewelt strukturieren. Von Lisa Graber
Geräusche von vorbei flitzenden Autos, Goldmünzen, die eingesammelt werden und auch undefinierbare elektronische Klänge ertönen in der Stadt Bern. Diesmal nicht von einem privaten Wohnzimmer, einem Game-Abend unter Freunden, sondern direkt aus der Grossen Halle bei der Reithalle Bern.
Das Play Bern Festival erinnert uns während vier Tagen, wie elektronische Spiele ertönen können und ermuntert dabei die bunte und diverse Game-Community dazu, den Begriff «Kultur» vermehrt in die Gamewelt einfliessen zu lassen.
Play Bern ist ein Festival für Games und Kultur und findet dieses Jahr zum zweiten Mal statt. «Es konzentriert sich nicht nur auf das Gamen, sondern versucht auch weitere kulturelle Formen des Spielens aufzuzeigen», erzählt die Organisatorin und Schöpferin Bettina Wegenast über das innovative Berner Festival. «Sei es etwa durch Improvisationstheater oder Poetry Slam, welche beide spielerisch mit Worten und Bildwelten umgehen. Wir versuchen ständig im Wechsel zu sein mit einer digitalen und analogen Welt.», sagt die kreative Vereinspräsidentin des Play Bern.
Seit Februar 2020 gibt es den Verein Play Bern, der sich zum Ziel gesetzt hat, kreative und kulturelle Ansätze rund um das Thema Game sichtbarer zu machen. In der Schweiz gibt es natürlich einige Game-Festivals. Zum Beispiel das Ludicious in Zürich oder auch das Numerik in Yverdon. Bisher ist eine Veranstaltung, die die Gamewelt mit der Kultur vereint, nicht wirklich vertreten. Und genau dies wolle die Play Bern abdecken.
Für alle zugänglich: Verbindungen und Schnittstellen suchen
«Natürlich ist es schön, vor der Kiste stundenlang zu spielen. Jedoch ist es noch spannender, rauszugehen und auszuprobieren, Verbindungen und Schnittstellen zu suchen. Etwa wie man über ein Spiel hinaus gehen und etwas kreieren kann, das für jeden Menschen zugänglich ist», fügt Bettina Wegenast hinzu.
Ein Spiel zu kreieren, das für jeden zugänglich ist, so das diesjährige Motto der Play Bern 2020. Mit dem Oberthema «Gamen ohne Grenzen» hat sich die Play Bern zur Aufgabe gemacht, während den Festivaltagen zu beweisen und aufzuzeigen, dass jede Person, trotz oder gerade wegen Einschränkungen, gut spielen kann. «An der Play Bern reden wir vor allem vom barrierefreien Gamen», sagt Bettina. «Die Zugänglichkeit von Spielen ist nicht immer selbstverständlich. Für eine Person mit Hörproblemen, ist es schwierig ein Spiel zu spielen, dass durch akustische Signale geführt wird. Oder wenn eine Person nicht gut sieht. Wir möchten während den Play-Bern-Tagen aufzeigen, dass es, erstens, Gamers gibt, die auch körperlich und / oder geistig eingeschränkt sind und, zweitens, was für Spiel-Lösungen es schon gibt. Sei es in Form von passenden Controllers, Spielwelten oder innovative Techniken.»
Entwickelt von Robin Baumgarten & Marina Díez.
Neue Game-Ansätze: Minimalistisch, mit Sensoren und mehr
Für alle Menschen zugängliche Games können am Play Bern Festival erlebt werden, aber eben auch ganz neue Game-Ansätze_ In der Grossen Halle liegen verschiedene Controllers auf, einen Haufen Bildschirme und viele Spiele, die man entweder sofort durchschaut oder auch zu längeren Überlegungen anregen bringen. Einige funktionieren mit Sensoren, andere sind so minimalistisch aufgebaut, dass man verblüfft erkennt, wie wenig ein Spiel braucht, um gespielt zu werden.
Bunte Mischung: Switch, Game Jam und von Kinder entwickelte Games
«Es ist uns wichtig, eine bunte Mischung zu haben», bestätigt Gründerin Bettina. «An der Play Bern sind die Jungs von der Erupt Lounge anwesend. An ihrem Stand haben sie eine Switch-Station und vier grosse Bildschirme, wo konventionelle Spieler ihr Glück finden. Wir zeigen auch eine kleine Ausstellung von Games, die Kinder entwickelt haben im Rahmen eines Wettbewerbs mit der Hasler Stiftung. Auch haben wir einen Game Jam, der von Freitag bis Samstag statt findet. Eine sehr sportliche Angelegenheit für Gameentwickler*innen, Programmier*innen, Art Designer*innen, die zusammen in Teams innerhalb von 24 Stunden ein Game-Konzept entwickeln sollen.»
Und sogar die Cosplayer*innen finden ihr Glück. Am Samstagabend gibt es eine Cosplay Disco. Dort können alle, sei es ungeschminkt, aufgebrezelt, ganz normal oder aus Fantasy-Land mit der Musik von Dr. Habakuk tanzen. Und natürlich gehört ein Kostüm-Wettbewerb mit dazu. Was sich Bettina unter einem Coronaviren abschreckenden Kostüm vorstellt, erzählt sie mir: «Das Kostüm muss sicher dicht sein, komplett verschlossen, um die klare Botschaft abzugeben: Hier kommen die Viren nicht hinein!»
Zum Programm 2020: Samstag & Sonntag
Das Play Bern Festival dauert noch bis Sonntag. Bis dahin erwarten uns noch viele Events, wie zum Beispiel den Speakers Corner (Sa, 16-18 Uhr), die Cosplay Disco (Sa, 20:30-00:00 Uhr), den Play Brunch mit Gamequiz (So, 10 Uhr) und Performances von den Sporthorses and the Guggenheim Box (So, 14:30-15 Uhr und 16:30-17 Uhr)
Zu sehen & erleben gibt es viele Events und Menschen, die einem immer wieder klar machen, dass das Spielen grenzenlos ist und dass absolut jeder seinen Platz finden kann. Bettina zu den speziellen Umständen: «Das die Play Bern überhaupt in dieser Zeit stattfinden kann, ist der absolute Hammer!» Ich freue mich auf jeden Workshop und jedes Game, um so mehr auf die Menschen, die das Play Bern bespielen.» Was wohl nächstes Jahr das Motto des Play Bern sein wird?