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Eine ziemlich spannende Kolumne #5: Der Klang von Schrumpfköpfen

Auf Ricardo ein Instrument ersteigern? Schnell gemacht. Doch dieses indische Banjo ist von Legenden umrankt. Von Seelenreiter // Raphael Elmiger

Vor Kurzem hab ich auf Ricardo ein indisches Banjo ersteigert. Ich sammle ja seit einiger Zeit Instrumente, die man nicht in jeder Musikschule antrifft, aber das indische Banjo war mir bisher gänzlich unbekannt. Der Trödler verkaufte es mir für 50 Franken und erzählte, dass er es in der Wohnung eines Heilers fand. Dort hätten unter anderem auch Schrumpfköpfe rumgestanden. Ich überlegte mir kurz, ob es denn überhaupt legal ist, Schrumpfköpfe zu importieren, und ob die Person, die den Kopf ursprünglich ungeschrumpft benutzte, wohl einverstanden war mit dem, was da kommen sollte. Ich beschloss aber nicht weiter in diese Richtung zu recherchieren.

Obwohl ich weder religiös noch esoterisch bin, war es mir dann aber doch etwas unangenehm, ein Instrument zuhause zu haben, welches womöglich jahrelang neben Schrumpfköpfen gestanden hat, und so hab ich es etwas desinfiziert und sofort in den Proberaum mitgenommen.

Das indische Banjo muss man sich als Kreuzung zwischen Slide-Gitarre und Schreibmaschine vorstellen – praktischerweise gleich in einem Koffer eingebaut. Ich weiss nicht, wie man das Instrument richtig spielt, aber genau das gefällt mir an meiner Sammlung. Im besten Fall inspirieren mich diese Instrumente nämlich zu einem neuen Lied – gerade weil ich sie wohl falsch spiele.

Überhaupt wurde ich in letzter Zeit mehrmals gefragt, wie ich denn überhaupt auf diesen Worldmusic-Einfluss gekommen sei. Hat es mit dem Älterwerden zu tun? Die einen fangen mit Klassik an, die anderen beginnen Jazz zu hören und bei mir ist es halt Worldmusic? Nun, zunächst ist der Begriff Worldmusic eigentlich bescheuert. Alles Nicht-Westliche soll einfach mal „Weltmusik“ sein? Klingt irgendwie nach Kolonialzeit. Zudem hören wir alle Worldmusic. Brian Eno soll mal gesagt haben:

„All great pop music is created by small groups of people misunderstanding other small groups far away.“

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Meine ersten Versuche mit dem indischen Banjo.

Infos

Die Beiträge der "ziemlich spannenden Kolumne" stammen vom Kultur-Blog Seelenreiter. Raphael Elmiger ist Kopf der Indie-Psych-Folk-Band Silver Firs und Mitbegründer des Berner Plattenlabels Oh, Sister.

Di 17.05. 2016