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Hallo Stockholm, bis bald Bern #1: Was bisher geschah

Die umtriebige Saima Sägesser und Neu-Kolumnistin für den Bewegungsmelder ist aus ihrem Langenthaler und Berner Nest ausgeflogen, um für ein paar Monate ins verlockende Stockholm zu ziehen. Im Rahmen ihres Studiums schaut sie sich die schwedische Metropole etwas genauer an. Von Saima Sägesser

Schon seit zwei Monaten lebe ich dank meines Austauschsemesters in Schwedens Hauptstadt Stockholm. Zwar heisst das Austauschprogramm seit der Masseneinwanderungs-Initiative nicht mehr wie der namensgebende Humanist Erasmus von Rotterdam, dennoch erlaubt mir mein Swiss Exchange Mobility Programm viel Zeit in kulturelle Eventbesuche zu stecken. Das sei mal anfangs hier bei der Premieren-Ausgabe meiner Kolumne erwähnt, denn hier soll es ja um das reiche kulturelle Leben in Stockholm gehen und nicht um studienpolitische Bologna-Kritik.

Von Langenthal nach Stockholm. Langenthals Angebot ist natürlich trotz nicht zu unterschätzendem Programm nicht ansatzweise vergleichbar mit den Geschehen in Stockholm. Von Beginn an wollte ich also das Beste aus meinem Aufenthalt herausholen und das Grossstadtleben richtig auskosten. Aber siehe da: Mitte Januar – graues Stockholm und das grösste Januarloch, das ich je gesehen habe. Was das bei uns heisst, ist nichts im Gegensatz zur Totenstille in dieser Metropole. 

Spannenderweise öffnen einige Kulturlokale, Cafés und Bars ihre Tore erst zu Saisonbeginn am 01. Februar. Ist das der Beginn der Winteraustreibungssaison (ohne Fasnacht)? Denn der Frühlingsaisonbeginn wird der 01. April sein, wenn Strassencafés usestuele. Ich schlug mich also erstmals zwei Wochen an der Uni durch, was gut war. Alles kennen lernen, sich im Student*innenwohnheim an die schmutzige Gemeinschaftsküche gewöhnen und Freund*innen finden. Jetzt, Anfang März, Ende Januarloch, blicke ich schon auf wunderbare Erlebnisse zurück, wovon einige direkt mit der Uni verknüpft sind.

An der Stockholmer Universität betreiben drei Fakultäten je eine Bar an bestimmten Abenden. Jede Fakultät besitzt ein Haus, Villa genannt, und veranstaltet verschiedenste Aktivitäten neben den Pubs. Am ersten Abend meines Studienalltags, am Ende des Orientation Day – wozu ich anmerken möchte, dass ich bezweifle, dass Austauschstudierende in Bern alles gleichermassen auf dem Silbertablett serviert bekommen – besuchte ich mit neuen Trinkgenoss*innen das Bojan, Pub und Villa der Wirtschaftler und Finänzler. Kurz: Partytunes machen übel, die Inneneinrichtung lässt erblinden. Meine Abneigung gegenüber Sing-along-Songs und Latinomusik sollte sich zukünftig als Hindernis herausstellen, wenn die Diskussion nach dem Ausgehziel anstehen würde. Man passt sich dann halt an.

Bei den Humanist*innen fühle ich mich wohl. Kuschlig rote Samtsofas, viele Bücher, Craft Beer und eine allgemein intellektuelle Spannung in der Luft, oder so ähnlich. Während ich mich in Bern selten um Student*innenorganisationen gekümmert habe, geniesse ich hier die Vorzüge der Mitgliedschaft. Formelle alkohol- und liederreiche 3-Gang-Menu-Abende im kleinen Schwarzen gehören zur kulturellen Integration in den Studienalltag.

Und auch das Zeichnen kommt nicht zu kurz, denn regelmässig werden Aktzeichnen-Nachmittage organisiert – mein Himmel. Das Einzige was an der Universität Stockholm fehlt, ist eine Student*innentheatergruppe. Man könnte meinen, dass unter 35’000 Student*innen einige Theater spielen wollen würden, aber nix da. An so was, wie das BeST der Uni Bern, kommt hier nichts ran.

Die Student*innen-Organisation an der Stockholm Universität, vergleichbar mit der SUB an der Uni Bern, organisierte zahlreiche Starter-Events für die 400 neuen Studierenden des Frühlingssemesters. Dazu gehörte auch eine kostenlose Bustour durch die Stadt. Notwendig, denn so konnte ich gleich entscheiden was ich machen möchte (alles) und wohin ich nicht gehen werde (poshy Shopping Malls). Mit meinen kunstinteressierten Italienerinnen besuchte ich am selben Tag nach einem schönen Winterspaziergang das moderne Kunstmuseum. Übrigens liegt Stockholms Stadtkern auf etwa zehn Inseln verteilt. Eine davon beherbergt erwähntes Kunstmuseum und das nebenan gelegene Architektur- und Designmuseum. Kostenlose Eintritte, versteht sich!

An diesem Entdecker-Wochenende durchstreifte ich auch die Altstadt. Vom Aufbau und der Struktur her anders als die Berner Altstadt. Denn während unsere lang gezogen daherkommt, ist Gamla Stan mehr ein Klüngel aus Gassen und Lauben. Südlich von Gamla Stan liegt Södermalm, mehr künstlerisch, alternativ, hipstrig – gentrifiziert. Södermalms Kern, das SoFo, was für South of Folkungagatan steht, beherbergt Kneipen, Bücherläden und Secondhandshops. An diesem Wochenende mischte ich mich gleich noch in internationale Gleichstellungspolitik ein und marschierte am Women’s March mit. Ja, hier werde ich mich zu Hause fühlen: Reisen, bitzli Politik, Studium, Menschen und Kultur – Themen, auf die ich in den nächsten Beiträgen sicherlich eingehen werde.

Infos

Saima Sägesser ist aus ihrem Langenthaler Nest ausgeflogen, um für ein paar Monate ins verlockende Stockholm zu ziehen. Im Rahmen ihres Studiums an der Uni Bern schaut sie sich die Schwedische Metropole mal etwas genauer an und versucht dabei ihren Pflichten und den besonders reizvollen Rechten eines Studentinnenleben nachzugehen. Wie sieht die vertraute Heimat aus der Ferne, aus dem skandinavischen Norden aus? Saima checkt das monatlich in ihrer Kolumne «Hallo Stockholm, bis bald Bern» für euch aus.

Do 08.03. 2018