Herr Lehmann war noch nie ein Geheimtipp – es ist eines der besten deutschsprachigen Bücher der 2000er Jahre. Ob noch nie gelesen oder seit der Deutschklasse im Gymi nicht mehr: Das Buch passt sehr gut in diese grauen Herbsttage. Von Sven Sommer
Die Geschichte spielt 1989 in Westberlin und handelt von Frank Lehmann, der wegen seines bevorstehenden dreissigsten Geburtstags von seinen Freunden nur noch Herr Lehmann gerufen wird. Herr Lehmann arbeitet in einer Bar in Kreuzberg, dem Einfall, zusammen mit seinem besten Freund Karl. Als er eines Sonntagmorgens im September und noch ganz verkatert die Markthallenkneipe seines Chefs Erwin betritt, und sich bei einem Bier über die dort herrschende Frühstückskultur echauffiert, lernt er die neue Köchin Katrin kennen. Sie geraten in eine intensive, tiefgründig philosophische Diskussion über Schweinebraten, den Herr Lehmann gerade bestellt hat, obwohl noch gar nicht Mittag ist. Herr Lehmann verliebt sich.
Keine Angst, das Buch ist keine Romanze. Tatsächlich spielt Katrin, die schöne Köchin, eher eine Nebenrolle. Sie zeigt, dass sich im Leben von Herrn Lehmann einiges ändert. Er fängt an, über seine momentane Situation nachzudenken, etwas, das er seit seiner Jugend nicht mehr getan hat. Dabei entstehen während der 184 Seiten witzige Situationen während der Arbeit, und vor allem mit seinem besten Freund Karl. Die Dialoge sind komisch, tiefgründig, und man verfolgt den Protagonisten bei vielen mitreissenden Gesprächen und Problemen, die auch dem der die Geschichte liest im Alltag begegnen können. Was die Figur des Frank Lehmann jedoch so sympathisch und einfach menschlich macht sind seine ausschweifenden Gedankenzüge, die man von Beginn an mitliest. Dadurch taucht man tief ins Geschehen ein und man hat stets eine klare Vorstellung, ein klares Bild davon vor Augen.
Wem diese Bilder nicht real genug sind, schaut die (lange nicht so gut wie das Buch geschriebene, aber akzeptable) Verfilmung oder man besucht die Orte der Handlung in Berlin gleich selbst, denn die Markthallenkneipe, das Einfall und die anderen Adressen im Buch existieren wirklich.