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Törchen #6 mit Steffe la Cheffe im Dachstock

Stille Nacht, heilige Nacht - so beschreibt man die Nächte zur Weihnachtszeit, doch nicht die, welche im Dachstock ablaufen sollten. Im Interview haben wir eine Künstlerin, welche eine Menge mit diesem Ort verbindet. Wir bitten Steff la Cheffe zum Gespräch über Selbstliebe, Feiertage und Dachstock. Von Lenard Baum

Ein komischer Anblick; wo sonst die Massen toben und man bis in die frühen Morgenstunden tanzt, herrscht eine Ruhe, wie Sie zu diesem Ort einfach nicht dazu gehört. Man steht im ruhigen Dachstock, kurz vor den neuen Bar-Öffnungszeiten. Die Mitarbeiter feilschen noch an den Arbeitsplänen für nächsten Monat, als wir vor der Reitschule Stefanie Peter aka Steff la Cheffe begrüssen.

Diese hält noch schnell ein Pläuschchen mit ein paar bekannten Gesichtern, bevor wir uns bereit machen fürs Interview. Keine paar Minuten drin, geben auf einmal die Blass-Lampen des Dachstocks Geräusche von sich. Wie eine Kunstinstallation stehen Sie über uns, selbst in der grössten Krise sorgte der Dachstock für eine schöne Überraschung.

Steff la Cheffe im BM-Gespräch.
Alle Bilder von Jana Leu.

BM: Steff, freut uns, dass es trotz dieser Umstände mit unserem Interview funktioniert hat. Glückwunsch zur Chart-Platzierung und der Veröffentlichung von «PS:», deinem nun vierten Album. In vielen Interviews meintest du, dass das Album ganz anders war, als die anderen, besonders beim Produzieren und Herausbringen. Was war so besonders am Prozess hinter «PS:»?

STEFF LA CHEFFE: Lockerer als früher, ich bin noch nie so an ein Album rangegangen. Es war eigentlich nicht als Album geplant, sondern als EP. Wir hatten noch viel Material von «Härz Schritt Macherin» übrig und wollten weiter daran arbeiten. Aus diesem Prozess sind dann neue Songs entstanden, aber ohne Druck oder Verkrampfungen.

Zu Beginn gab es die Idee, eine Art Kollektion herauszubringen. Ich habe vor zehn Jahren mein erstes Album herausgebracht und mache seit etwa 15 Jahren Musik. Wir planten dann so etwas wie Lost Tapes herauszubringen. Heisst: Neue mit älteren, unveröffentlichten Songs gebündelt herauszubringen, auch die in Zusammenarbeit mit Dodo. Beim Durchsehen des Materials hat sich alles aber als viel zu unterschiedlich herausgestellt. Ich will nicht Konzeptalben erschaffen, habe aber innerlich den Anspruch, eine Geschichte oder Bogen zu erzählen.

https://www.youtube.com/watch?v=t1608vxhjr0

BM: Ein Thema, das beim Album «PS:» wieder heraussticht, ist die Liebe. Etwa bei «Gheimnis», wo du über scheue Blicke und Gelüste rappst oder bei «Amsterdam», welcher von der Sehnsucht nach dem geliebten Menschen erzählt. Stehen für dich musikalisch jetzt andere Themen mehr im Vordergrund oder bleibt die Liebe ein Part bei neuen Ideen?

STEFF LA CHEFFE: Meine Songs sind ein Spiegel meiner Entwicklung, wodurch sie meine Persönlichkeit ebenso darstellen. Zum Thema Liebe habe ich ein Muster für mich erkannt, etwa durch die Schattenseiten, die ich nicht wiederholen will. Man weiss nie, was die Zukunft mit sich bringt. Heut’ ist mir aber bewusster, wie ich bestimmte Dinge angucke und erkenne.

Ich habe nicht vor das Muster zu wiederholen und wenn, dann so, dass es mir nicht den Boden unter den Füssen wegreisst. Wie sagt man; aus jedem Schmerz kann man einen Schatz rausziehen. Den Schatz, denn ich für mich erkannt habe, ist die Selbstliebe und Selbstfürsorge. Danach habe ich eine Weile lang keine Beziehung geführt. Habe das mir gegeben, was ich mir von meinem Gegenüber wünsche. Heisst, sich selbst mal ins Kino ausführen, einfach Selbstliebe ausleben.

BM: Bleiben wir kurz noch beim Musikalischen. Können sich deine Fans bald auf neue Musik von dir freuen, ist da was in Planung?

STEFF LA CHEFFE: Ein neues Lied, das jetzt Anfang Dezember rausgekommen wäre, mussten wir nochmals verschieben. Wir sind aber grad am Video dran, das braucht noch etwas Liebe. Ausserdem steht noch ein anderer Song in der Pipeline, der inspiriert ist von einem Berner Mundartlyriker. Weiter bin ich diesen Sommer und Herbst einige Male mit meinen Produzenten Benjamin Noti & Ben Mühlethaler im Studio gewesen und haben Ideen festgehalten. Wer weiss was daraus wird.

BM: Da sind wir aber gespannt, was uns da erwartet. Vielleicht kannst du das Lied in naher Zukunft sogar hier im Dachstock mal spielen. Allgemein ist der Ort hier ein besonderer für dich. Was für eine Rolle spielt der Dachstock neben dem Musikalischen auch im Privaten für dich?

STEFF LA CHEFFE: Meine ersten drei Plattentaufen fanden im Dachstock statt dazu wurde in der Reitschule sozialisiert. Als Teenie, wo das politische Bewusstsein erwacht, hat man hier Leute gefunden, welche sich für das Gleiche interessierten… Der Sound, Partys und Konzerte – hier lief einfach alles, was cool war. Ich habe es geliebt hier, bis heut’ ist es der schönste Konzertraum in Bern. Ob architektonisch oder stimmungstechnisch, einfach ein beseelter Ort. Ob mitten im Publikum oder auf der Bühne selbst, hier verbinden sich so viel schöne Abende. Dazu kennt man sich untereinander sehr gut, habe mit vielen Mitarbeitern hier schon zusammengearbeitet. Wobei ich bereits vor Corona es weniger es geschafft habe, vorbeizukommen.

BM: Den Dachstock oder ganz allgemein die Kulturszene jetzt so im Off-Modus zu erleben, ist sicher auch für dich speziell. Wie gehst du damit um?

STEFF LA CHEFFE: Es fehlt einem. Ich frage mich, warum Restaurants oder Flughäfen offen haben dürfen, aber Theater oder Clubs nicht. In mir kommt das Gefühl auf, dass die Kulturszene nicht so eine starke Lobby hat, wie die Gastronomie oder Fluggesellschaften. Was bedeutet das aber für die Jugend heutzutage? Mein 18-jähriges Ich wüsste nicht, was zu tun wäre, ich würde richtig hässig werden. Frust durch das Verlangen zu tanzen, lebendig zu sein, Musik zu fühlen und Menschen zu sehen. Es gehört zur Jugend einfach dazu.

Der Dachstock ist ein Ort, an dem ich meinen Körper spüre. Bei Konzerten bin ich immer zur Bassbox, um den Bass durch meinen Körper zu fühlen. So lebe und spüre ich Musik, aktuell kann man nur noch über Handys an Musik kommen.

BM: Du hast schon so manche Nacht hier verbracht. Was ist deine beste Dachstock-Story?

STEFF LA CHEFFE: Die besten Storys vermischen sich, oftmals passieren die am Wochenende im Ausgang und man ist schon ein bisschen alkoholisiert dann. Glaube die besten Abende vergisst man dadurch mal. Es sind aber nicht die spektakulären Sachen, die bleiben, sondern Gespräche, Begegnungen oder Konzertmomente, die man hier erlebt hat.

BM: Wo es jetzt schon kälter wird, wie siehts bei dir eigentlich mit Weihnachtsstimmung aus? Schon da?

STEFF LA CHEFFE: Für mich ist eher noch Herbst im Moment. Heute war es mittags so warm, dass ich mit dem Pullover draussen sass (Anm. d. BM-Redaktion: Am 23. November.). Glaube Schnee würde da helfen. Im Dezember wird es dann wohl zunächst überhaupt zum Thema, wie man das Jahr Weihnachten eigentlich feiern kann?

BM: Danke für die Überleitung zur nächsten Frage; wie feiert Steff la Cheff eigentlich Weihnachten?

STEFF LA CHEFFE: Ich feiere mit der Familie in Bern. Für mich ist das auch Teil meiner Heimat. Letztes Jahr habe ich im Ausland gefeiert und wurde schon etwas wehmütig, ohne meine Liebsten fehlte einfach etwas. Hatte da nicht erwartet, wehmütig zu werden. Silvester bin ich auf die 12i dann mit dem Zug in Bern eingefahren. Das war schon komisch, als ich das Feuerwerk an den Festtagen allein wahr nahm.

BM: Zurück aber noch zur Weihnachtszeit: Was macht für dich Bern besonders schön zur Weihnachtszeit?

STEFF LA CHEFFE: Maroni-Stände, die find ich geil. Sobald die stehen, komme ich so in den Groove rein. Ansonsten schimpfen immer alle über Weihnachtsbeleuchtung, aber ich finde sie schon gut. Klingt jetzt kitschig, aber finde es schön, in der beleuchteten Altstadt zu spazieren und Fenstershoppen zu gehen.

BM: Weiter zu unseren Bonusfragen. Während Corona wurde ja vieles abgesagt. Auf was freust du dich nächstes Jahr so richtig, wenn alles hoffentlich wieder nachgeholt werden kann?

STEFF LA CHEFFE: Alles, was mit Kultur und Livemusik zu tun hat, wie das Gurtenfestival und solche Geschichten. Ich will unbedingt mit meinen Ladys und Freundinnen wieder tanzen gehen, am liebsten im Dachstock.

BM: Wir wissen, dass du viel Zeit im Lockdown in deinem Schrebergarten verbracht hast, wie geht es diesem?

STEFF LA CHEFFE: Er ist jetzt etwas eingewintert. Heisst, Das Nötigste zurechtgeschnitten, rasengemäht, Samen abgenommen und fürs nächste Jahr neue gestreut. Statt Frühlingsputz gabs noch einen HerbstputzDem Garten geht es also gerade gut.

BM: Good to know. Anfangs Jahr war bei dir «Sing meinen Song» ein grosses Thema. Von welchem Künstler wünschst du dir eine Cover-Version?

STEFF LA CHEFFE: Jemand von der älteren Generation, welcher mich als junge Künstlerin inspiriert. Ein Beispiel dafür wäre Kuno Lauener von Züri West, der hat mich damals sehr geflasht. Super interessant fände ich dazu jemanden Jüngeres. Jemand, der mit gerade so 20 Jahren eine neue Musik-Generation darstellt. Für mich wäre spannend, jemanden aus einem anderen Genre als CH-HipHop zu erleben.

BM: Zum Schluss noch eine kleine, gemeine Frage: Welcher ist für dich der beste Weihnachtsmarkt Berns? Münster? Waisenhausplatz? Sternenmarkt?

STEFF LA CHEFFE: Als erstes kam mir der Weihnachtsmarkt am Münsterplatz in den Sinn. Auf dem Sternenmarkt war ich erst einmal mit meiner Mutter. Fand ihn von den Ständern her sehr schön und lebendiger, weniger traditionell als die anderen. Ehrlich gesagt bin ich aber nicht so die Weihnachtsmarkt-Besucherin. Sehr gern würde ich mal wieder Kerzen ziehen. Das gehörte in der Kindheit zur Weihnachtszeit einfach dazu.

BM: Danke dir, Steff La Cheffe, für das tolle Gespräch und hoffentlich dann bald mal wieder live im Dachstock!

Wir bedanken uns bei Stefanie, Bakara Music und natürlich unseren Freunden vom Dachstock fürs Ermöglich vom Interview. Alle Bilder von Jana Leu.

So 06.12. 2020