Ohne BM-Lotto nichts los? Mitnichten: Für den Monat Dezember hat sich das BM-Team was ausgedacht und möchte allen lieben Lotto-Freunden in Form eines Lotto-Advenstkalenders Merci sagen. 24 Themen aus dem Berner Kulturleben. Hier kommt das Törchen #23 mit Medina auf der Schützenmatte. Von Pablo Sulzer
An Weihnachten rückt alles bekanntlich näher; im kleinen Kreis, zu zweit oder dank brieflichen und digitalen Grüssen pflegt man während diesen Dezember-Tagen ursprünglich das Zurückbesinnen und Zusammensein. Doch dass manchmal vor lauter Wir & Ich dabei immer wieder die Anderen bzw. Leute vergessen gehen, die es auch so schwer haben, ist bekannt.
Für diese setzen sich – nicht nur an Weihnachten – viele Initiativen, Institutionen sowie Privatpersonen in Bern ein. Oft ehrenamtlich, freiwillig und als sozialen Aktivbeitrag unerlässlich. Ein Beispiel, das wir als BM-Team an dieser Stelle hervorheben möchten, heisst Medina.
Das mobile Gemeinschaftszentrum auf der Schützenmatte
Der Verein Medina hat mit ihrem einfach ausgestatteten Container auf der Schützenmatte ein niederschwelliges, inklusives Zentrum geschaffen, das für alle Personen auf und rund um dem Platz einen Treffpunkt für Austausch & Unterstützung offen steht. Meist sind es unbegleitete, junge Migrant*innen, Obdachlose oder weitere Menschen, die Medina besuchen. Menschen, die gerade jetzt an Feiertagen nicht so schnell Nähe finden.
Kürzlich gewann Medina Bern, das mobile Gemeinschaftszentrum auf der Schützenmatte, den Sozialpreis Bern freiwillig.engagiert 2020. Als eine von drei Gewinnerinnen wurde ihr Schaffen gewürdigt und ins Scheinwerferlicht gerückt. Ansonsten passiert ihre Arbeit auf und um den Platz, druckvoll im Hintergrund oder aktiv vor Ort, Hauptsache direkt auf die Menschen bezogen und von kreativen, engagierten Freiwilligen selbst organisiert.
Wir haben bei Medina nachgefragt, was sie rund ein Jahr nach der Entstehung ihres Vereins erlebt haben. Hier ein kurzes Interview mit Medina:
BM: Danke, lieber Medina-Verein, für eure Zeit und Gratulation zum Sozialpreis 2020. Zu eurem Schaffen: Wie wird Inklusion im Alltag erreicht und wie hat sich seht ihr diese Entwicklung seit der Gründung?
Verein Medina: Wir begegnen den Menschen auf Augenhöhe, egal, welche Hintergründe sie haben. Dies ermöglicht es uns, einen engen Kontakt aufzubauen, sie in alles einzubinden und ihre Selbstbestimmung zu fördern. Dieser Kontakt ist seit der Gründung intensiver geworden. In vielen Freundes- und Bekanntenkreisen hat sich Medina herumgesprochen, ist ein Begriff geworden und die Menschen identifizieren sich damit.
BM: Wie waren die vergangenen zwei Monate auf der Schützenmatte? Wie habt ihr den Ort als Team aktuell erlebt?
Nach einem bunten, aktiven Sommer mit viel Bewegung stehen wir seit einigen Wochen vor einer sehr verlassenen Schützenmatte. Auf dem Platz befinden sich fast keine Leute mehr. Was im Juni noch von Musik und Workshops der Aktionswoche geprägt wurde, ist nun nur noch eine stille Betonwüste.
Wer weiterhin fleissig Runden auf der Schützenmatte dreht, ist jedoch die Berner Kantonspolizei, welche vielen Leuten, mit denen Medina zusammenarbeitet, Platzverbote ausgeteilt oder sie inhaftiert hat. Artikel 74 des Ausländer- und Integrationsgesetzes bietet der Kantonspolizei die dafür nötige Rechtsgrundlage. Es besagt, dass Personen ohne Kurzaufenthalts- Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung, welche beispielsweise «die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören», eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahren in Haft droht. So werden Migrantinnen und Migranten noch mehr ausgegrenzt. Durch solche diskriminierenden polizeilichen Massnahmen werden die ohnehin schon grossen Ungleichheiten weiterproduziert. Dieser Gesetzesartikel erschwert unsere Arbeit auf der Schützenmatte. Demnach wurde die Arbeit ausserhalb intensiver. Ebenfalls hat sich das Unverständnis gegenüber dem System noch etwas vergrössert.
BM: Ihr habt vor ein paar Tagen einen Spendenaufruf gepostet. Wie helfen SpenderInnen dem Medina-Team und was können für Aktivitäten ermöglicht werden?
Spenden helfen dabei, die Rechte von Menschen zu verwirklichen, die ihnen genommen worden sind. Wir können den Menschen Dinge ermöglichen, die sie verdienen und nicht von anderen «Institutionen» erhalten. Konkret können dies beispielsweise die Finanzierung von komplexen Asylfällen oder einer medizinischen Grundversorgung sein. Aber auch eine Verbesserung der Lebensqualität kann grundsätzlich erreicht werden, beispielsweise durch eine verbesserte Wohnsituation oder der Förderung psychischer Gesundheit.
BM: Was würdet ihr euch als Verein bzw. Gemeinschaftszentrum für die kommenden Monate und weitere Zeit wünschen?
Momentan freuen wir uns auf ein baldiges Ende der Corona-Einschränkungen. Schön wäre mehr gelebte! Solidarität der Gesellschaft und dass wir wieder mit den Menschen auf dem Platz Aktivitäten organisieren können. Ebenfalls, dass das soziale Leben wieder aufflammt und wir Projekte für den Frühling planen können, dass die Lücke und Verluste, welche durch die Pandemie-Massnahmen entstanden sind, wieder gefüllt werden können. Was wir uns wegwünschen würden, wären die Kürzungen und Sparmassnahmen in sozialen Programmen. Damit nicht noch mehr Menschen entmachtet werden, selbständig zu sein.
BM: Und als Info für alle Leserinnen und Leser: Wie viele Leute bilden das Kernteam? Kann man sich per Mail melden, falls man mitmachen möchte?
Es gibt eine Art «Kernteam», welches etwa aus zehn Personen besteht. Medina ist aber nicht ein Kernteam, Medina sind alle Menschen, die auf dem Platz sind / waren, inhaftiert sind, Deutschkurse geben, juristische Verfahren anfechten oder in sonst einer Art und Weise Unterstützung leisten. Über Beteiligung freuen wir uns immer! Kommt am besten einfach beim Gemeinschaftszentrum auf der Schützenmatte vorbei.
Spendenangaben
Verein Medina, Bottigenstr. 68/14, Postfach 3001 Bern
Konto-Nr: 15-528710-4
Iban: CH19 0900 0000 1552 8710 4
BIC: POFICHBEXXX
