Zurück

#6 BILDGEWANDT: «The Book of Forks»

von Rob Davis

Es ist immer so eine Sache mit dem dritten Band einer Trilogie: Wird es gelingen, alle Fragen der ersten zwei Bücher befriedigend zu beantworten? Bekommen die Figuren, die einem so ans Herz gewachsen sind, das Ende, das sie verdienen? In «The Book of Forks» wird es Zeit, genau das herauszufinden. Von Dela Wälti

Keine Zweifel, das Aufschlagen der ersten Seite war vor fünf Jahren noch um einiges unbeschwerter. Damals, als Rob Davis einen mit «The Motherless Oven» zum ersten Mal in seine wunderliche Welt einführte. Obwohl, «einführen», das stimmt nicht ganz; aus mehreren hundert Meter Höhe ohne Vorwarnung oder Fallschirm fallen lassen, träffe es schon eher. Denn erklärt wird in den ersten zwei Büchern herzlich wenig. Nicht etwa, wieso es Messer regnet, ebenso nicht, wieso singende Götter in Wasserkochern hausen und schon gar nicht, wieso hier Kinder ihre Eltern selbst aus Maschinenteilen zusammenbauen. Vielmehr sieht man die Welt mit den Augen zweier Jugendlichen, für die jede noch so absurde Merkwürdigkeit einfach zum alltäglichen Leben gehört. Das erste Buch erzählt die Geschichte von Scarper Lee, einem Realisten, dem jede Aufregung ein Graus ist. Im Sequel «The Can Opener’s Daughter» dagegen, erfahren wir die Backstory von Vera Pike einer draufgängerischen, furchtlosen Abenteurerin. Und schliesslich folgt nun mit «The Book of Forks» die Sicht des Aussenseiters, des Rationalisten, die Sicht von Castro Smith, dem dritten Freund im Bunde.

Nicht nur die Erwartungen an Castros «Book of Forks» sind hoch (Bild: «The Can Opener’s Daughter»)

Völlig treffend beginnt demnach der Comic mit den Worten «Time to get inside the Outsider». Eine Aussensicht ist auch zwingend nötig, wenn nur ein Bruchteil von Davis‘ Universum verständlich werden soll. Ganz im Stile von Castros analytischem Charakter ist «The Book of Forks» teils Graphic Novel, teils Graphic Lexicon und versucht innerhalb von hundert Einträgen die Welt drumherum zu erklären. Dabei bleiben die Antworten immer gerade so ungewöhnlich, dass sie nichts an mysteriöser Anziehungskraft einbüsst. Im Gegenteil mit jedem neu dazu gewonnen Puzzleteil wird sie eher noch faszinierender.

Castros Eintrag zu «Death Days» (Bild: «The Book of Forks»)

«A culture that runs on old metaphors is one that is speaking to the past. And the past doesn’t listen. There is a world here right now that demands new metaphors. And the perfect metaphor can launch a new reality into the world.»

Rob Davis (hier)

Rob Davis ist wirklich ein einzigartiger Fabelspinner: Wie es ihm gelungen ist, eine Welt zu schaffen, die unserer manchmal so schmerzhaft nah scheint und sich doch immer wieder einem konkreten Vergleich entzieht! Da schwebt über jeder Seite, über jedem seiner ausdrucksstarken Schwarz-Weiss-Bilder die zarte Gewissheit, dass es eine Verbindung gibt, zwischen uns jetzt hier und Scarper, Castro, Vera. Die Lösung des Rätsels scheint einem auf der Zunge zu liegen, immer gerade ausser Reichweite. Man kann sagen, Davis habe sein Ziel erreicht, neue Metaphern für ein neues Zeitalter hervorzubringen.

Schon auf der ersten Seite wird klar, dass die Angst zu Beginn völlig unbegründet gewesen ist. Nein, auch nach drei Büchern fehlt es Rob Davis an Fantasie ganz sicher nicht. «The Book of Forks» ist ein gebührender Abschluss für eine wirklich bemerkenswerte Comic-Reihe. Auf der letzten Seite schliesslich mischt sich in diese Gewissheit auch die leise Wehmut, sich nun endgültig von Castro, Vera, Scarper und ihrer aussergewöhnlichen Welt trennen zu müssen.

Hinterlasse eine Antwort

Hinterlasse eine Antwort