Seit einer Woche gibt es vor der «Eiger Brasserie» einen Zmittag-Stand von Küchenchef Severin. Dort bekommt man unter anderem ein verschmitztes Lächeln und den besten Nussgipfel in ganz Bern. Von Aline Jordi
Um es gleich vorweg zu nehmen: Der Nussgipfel war ein Fest. Jedoch ist er bei Weitem nicht das Einzige, was Severin von der Eiger Brasserie zu bieten hat. An seinem Mittagsstand gibt es heisse Suppen und seit dieser Woche auch Hot Dogs und Salate. Aber beginnen wir von Vorne: Eigentlich stand eine ganz andere Stadtzmittag-Destination auf dem Plan, deren Weg an der Brasserie beim Eigerplatz vorbeiführte. Wenn die zwei hinter dem Eiger-Stand nicht so einladend gelächelt hätten, wäre ich vielleicht nicht nach 100 Metern spontan umgekehrt und zurückgefahren.
Bei der Begrüssung stellt sich heraus, dass es das Take Away-Projekt von Küchenchef Severin Monnier erst seit zwei Tagen gibt. Ein Experiment, bei dem er von Betriebsleiter Olivier Keller volle Rückendeckung erhält. Die Eiger Brasserie ist nämlich ein Projekt der gad Stiftung – ein soziales Ausbildungsprojekt, das Jugendlichen und Erwachsenen den Einstieg ins Berufsleben und in die Gastronomie ermöglicht. Dieser Fokus war auch Severin’s Motivation, als er sich letzten August für die Stelle als Küchenchef und Berufsbildner beworben hat. Er wisse selber wie es sei, wenn man als Jugendlicher Schwierigkeiten habe und niemand an einen glaube. Ausserdem hatte er mit 25 Jahren «die Schnauze voll vom primitiven Gastgewerbe», wo ein rauher Ton herrsche und man ein dickes Fell brauche. Dieser Umgangston habe zwar auch seine positiven Seiten und er vermisse ihn ab und zu, aber wer in seiner Küche schreie, der gehe. Sein Ziel als Berufsbildner sei, dass seine Lehrlinge die Lehre erfolgreich abschliessen. Dass er wohl nicht alleine mit diesem Ziel ist, zeigt die herzliche Zuvorkommenheit des Service-Teams. Das Interieur in der Brasserie ist warm und gemütlich und die Stimmung sehr angenehm.
Was seine persönlichen Ziele angeht, so will Severin in den nächsten drei Jahren zu den zehn besten Restaurants in Bern gehören und mit seiner Küche den Brasserie-Geist wieder aufleben lassen; als gute alte Quartierbeiz mit klassischen Gerichten, die die Jungen nicht mehr kennen. Dazu gehören deftige Schmorgerichte, Leber, Kutteln oder ein gegarter Coq au Vin. Auch wenn vegetarische Gerichte nicht gerade dieselben Begeisterungsstürme in ihm hervorrufen, nimmt er sich auch die fleischlosen Wünsche zu Herzen.
So gibt es bei der Mittagsauswahl draussen immer eine frisch zubereitete Suppe mit und ohne Fleisch. Anstatt Currycrème mit Poulet nehme ich Süsskartoffelcrème mit Kokosmilch für 9.- Franken (wobei die Preise je nach Zutaten variieren können) und einen selbstgemachten Nussgipfel für 3.- Franken. Während mir Sivatharsany Ragavan die Sachen verpackt (die Frau von Severin’s Sous-Chef arbeitet als Moderatorin beim London Tamil Radio und wird den Mittagsstand in Zukunft betreuen), erzählt mir Severin von seinen Plänen. An Ideen für sein Mittagsprojekt mangelt es ihm nicht; man dürfte sich also kaum wundern, wenn er in Bälde sein Angebot um die eine oder andere Überraschung erweitert.
Von der Kokosmilch schmecke ich zwar nicht viel, aber die vollmundig-cremige Suppe wird mit ihrer Währschaftigkeit dem Brasserie-Charakter mehr als gerecht. Mit dem grossen, knusprigen Mütschli ist sie eine vollwertige Mahlzeit. Der Nussgipfel danach ist die reinste Genussbombe. Nix trocken, kein nerviges Gebrösmel und jede Menge Füllung. Allerdings auch ein Zmittag für sich, zusammen halten Suppe und Gipfel gefühlte zehn Stunden pappsatt!
Ein Ausflug an die «Eiger-Promenade», wo sich Kaffees und Beizlis aneinanderreihen, lohnt sich also seit neuestem gleich doppelt. Und wer am Mittag keine Zeit hat, kehrt am Abend im Eiger ein.